Bundessozialgericht

Bundessozialgericht Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 5/19 R

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. März 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Feststellung, dass sie in ihrer Tätigkeit als Ärztin für die zu 1. beigeladene GmbH im Oktober 2012 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

Die Klägerin ist Fachärztin für Innere Medizin und war bis zum 30.6.2012 in einem Krankenhaus abhängig beschäftigt. Auf Vermittlung einer Agentur schloss sie mit der Beigeladenen zu 1. am 12.9.2012 eine/n "Freie Vereinbarung/Vertrag … über eine Vertretung 'Ärztin der Inneren Medizin'" am 5.10.2012, vom 9.10.2012 bis zum 12.10.2012 und vom 16.10.2012 bis zum 19.10.2012. Unter Ziffer 1. der Vereinbarung ist geregelt, dass die Klägerin "freiberuflich tätig" ist und sich als Honorarvertreterin verpflichtet, "die ihr übertragenen Aufgaben gewissenhaft persönlich wahrzunehmen, mit der leitenden Ärztin der Abteilung und dem übrigen Personal der Abteilung, sowie den sonstigen Mitarbeitern der Klinik zusammenzuarbeiten und über alle ihr bei ihrer Vertragserfüllung bekannt werdenden Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren". In den vereinbarten Zeiträumen leistete die Klägerin ausschließlich Bereitschaftsdienste, im Regelfall von 16.30 Uhr bis 8.30 Uhr des Folgetages, die mit einem Stundenhonorar von 63 Euro vergütet wurden.

Am 9./11.10.2012 beantragten die Klägerin und die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin. Nach Anhörung stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Vertretungsärztin in den vertraglich vereinbarten Zeiträumen im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und insoweit Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe (Bescheide vom 23.1.2013). Die Beklagte legte den von der Klägerin am 1.3.2013 eingelegten Widerspruch als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X aus und lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 23.1.2013 ab (Bescheid vom 14.5.2013, Widerspruchsbescheid vom 23.9.2013).

Das SG Landshut hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.11.2016), das LSG die Berufung zurückgewiesen. Dass nach § 2 Abs 1 S 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) auch die Behandlung durch nicht fest angestellte Ärzte und Ärztinnen zu den Krankenhausleistungen gehöre, sage nichts darüber aus, ob ein Honorararzt in einem Krankenhaus immer abhängig beschäftigt oder stets selbstständig tätig sei. Auch der Rechtsprechung des BVerfG lasse sich nicht entnehmen, dass ein Honorararzt im Krankenhaus seine Tätigkeit zwingend als Selbstständiger ausüben können müsse. Für die Statusabgrenzung einer ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus seien die allgemeinen Grundsätze maßgebend. Zwar sei ein Vertrag über freie Mitarbeit abgeschlossen worden, doch komme es auf dessen tatsächliche Durchführung an. Die Klägerin sei wie eine Beschäftigte in die arbeitsteiligen Abläufe des von der Beigeladenen zu 1. betriebenen Krankenhauses eingeordnet gewesen. Etwaige Handlungsspielräume seien nicht zu erkennen. Auch wenn sich die Bindung an feste Arbeitszeiten aus der Natur der Sache ergebe, sei der Zeitrahmen bereits Vertragsgrundlage gewesen. Die Klägerin habe ihre Dienstzeiten nicht beeinflussen können. Zudem habe sie fachlich dem Weisungsrecht des Chefarztes unterlegen. Auch habe sie in relevantem Maße weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel eingesetzt und damit kein Unternehmerrisiko getragen. Die feste Vergütung nach Stundensätzen sei weder ein Argument für noch gegen Selbstständigkeit. Gleiches gelte für ein etwaiges Haftungsrisiko bei Behandlungsfehlern (Urteil vom 22.3.2018).

Die Klägerin rügt mit ihrer durch den Senat zugelassenen Revision die Verletzung des § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe die Gewichtung der jeweiligen Indizien und damit die angeführte Gesamtabwägung nicht dargelegt. Es hätte sich mit dem "Mikrokosmos" Krankenhaus und insoweit mit den maßgebenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie der sozialen Wirklichkeit auseinandersetzen müssen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sei ohne dessen Weisungsrecht nicht denkbar. Vertraglich vereinbarte Umstände könnten allerdings nicht Gegenstand eines einseitigen Weisungsrechts sein. Maßgebend sei die arbeits- und nicht eine spezielle sozialrechtliche Begriffsbestimmung der nichtselbstständigen Arbeit. Das Gesetzgebungsverfahren zu § 611a BGB mache den Vorrang des Arbeitsrechts deutlich. Die Tätigkeit als selbstständiger "Honorararzt im Krankenhaus" sei nach der Verkehrsanschauung anerkannt.

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. März 2018 und des Sozialgerichts Landshut vom 24. November 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheids vom 23. Januar 2013 festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Vertretungsärztin für die Beigeladene zu 1. am 5. Oktober 2012, vom 9. bis zum 12. Oktober 2012 sowie vom 16. bis zum 19. Oktober 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat deren Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Beklagten im Bescheid vom 14.5.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.9.2013, den Verwaltungsakt vom 23.1.2013 zurückzunehmen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs 1 S 1 SGB X). Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen; er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs 2 SGB X). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist weder geltend gemacht worden noch erkennbar, dass die Beklagte von einem Sachverhalt ausgegangen sein könnte, der sich (nachträglich) als unrichtig erweist. Sie hat auch nicht das Recht unrichtig angewandt, sondern hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin am 5.10.2012, vom 9. bis zum 12.10.2012 sowie vom 16. bis zum 19.10.2012 in ihrer Tätigkeit als Ärztin in der von der Beigeladenen zu 1. betriebenen Klinik gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt und deshalb in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war.

Das LSG ist mit § 7 Abs 1 SGB IV und den durch die Rechtsprechung des BSG hierzu aufgestellten Grundsätzen vom richtigen Maßstab zur Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigung ausgegangen (hierzu I.). Für die Beurteilung einer honorarärztlichen Tätigkeit gelten keine abweichenden Maßstäbe (hierzu II.). Aufgrund der von ihm getroffenen, nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen ist das LSG zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin im Krankenhaus der beigeladenen GmbH versicherungspflichtig beschäftigt war (hierzu III.). Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ändert daran nichts (hierzu IV.). Die maßgeblichen Vorschriften des Versicherungs- und Beitragsrechts verletzen auch keine Grundrechte der Beteiligten (hierzu V.).

I. In den streitigen Zeiträumen unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der GRV (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs 1 S 1 SGB III). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 17 <Kreishandwerksmeister>; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 21 <Erziehungsbeistand>; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - BSGE 123, 180 = SozR 4-2400 § 26 Nr 4, RdNr 24 <Taxifahrer>).

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).

II. Für die Beurteilung der hier umstrittenen Tätigkeit von sog Honorarärzten gelten keine abweichenden Maßstäbe. Eine bloße Bezeichnung als "Honorararzt" kennzeichnet sozialversicherungsrechtlich kein besonderes Tätigkeitsbild, ist aber von anderen Ausübungsformen ärztlicher Tätigkeit im Krankenhaus abzugrenzen (hierzu 1.). Es spielt keine entscheidende Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass so bezeichnete Honorarärzte im Krankenhaus selbstständig tätig sind oder zumindest sein können (hierzu 2.). Auch auf die Einordnung von Honorarverträgen durch die Arbeitsgerichte kommt es nicht an, da ein vollständiger Gleichklang zwischen dem Arbeitnehmer- und dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht besteht (hierzu 3.).

1. Der Begriff des Honorararztes ist nicht legaldefiniert und umfasst verschiedene Ausübungsformen und Vertragsgestaltungen. Er wird im Sprachgebrauch der Verfahrensbeteiligten verwendet, um Tätigkeiten zu beschreiben, die die Vertragsparteien als freiberuflich bzw selbstständig verstehen. Nach der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG ist - hinsichtlich der Leistungs- und Abrechnungsbefugnis - unter einem Honorararzt ein zeitlich befristet freiberuflich auf Honorarbasis tätiger (Fach-)Arzt zu verstehen, der aufgrund eines Dienstvertrages im stationären und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für einen Krankenhausträger erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein (BGH Urteil vom 16.10.2014 - III ZR 85/14 - BGHZ 202, 365; BGH Urteil vom 10.1.2019 - III ZR 325/17 - NJW 2019, 1519 = Juris RdNr 13; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 3.3.2015 - 1 BvR 3226/14 - Juris RdNr 14). Abzugrenzen ist der Begriff des Honorararztes demnach von denjenigen der Beleg- und Konsiliarärzte, für die andere vergütungsrechtliche Vorgaben und regulatorische Rahmenbedingungen gelten. Es kann offenbleiben, unter welchen Umständen Beleg- und Konsiliarärzte im Krankenhaus im Einzelnen sozialversicherungsrechtlich selbstständig tätig sind. Denn bei der Tätigkeit der Klägerin handelt es sich weder um eine beleg- noch um eine konsiliarärztliche Tätigkeit. Sie behandelte nicht eigene, sondern als "Honorarvertreterin" ausschließlich Patienten des von der Beigeladenen zu 1. betriebenen Krankenhauses. Belegärzte sind hingegen nach der Legaldefinition in § 121 Abs 2 SGB V - auch bei Abschluss eines Honorarvertrages iS von § 121 Abs 5 SGB V - nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Die klagende Ärztin war auch nicht konsiliarärztlich tätig. Der Begriff des Konsiliararztes ist nicht legaldefiniert. Ein Konsilium ist nach ärztlichem Sprachgebrauch die Besprechung zweier oder mehrerer Ärzte nach vorausgegangener Untersuchung des Kranken zwecks Stellung der Diagnose oder Festlegung des Heilplans (BSG Urteil vom 18.2.1970 - 6 RKa 29/69 - BSGE 31, 33, 37 = SozR Nr 3 zu GOÄ = Juris RdNr 21). Wesentliches Merkmal einer konsiliarärztlichen Tätigkeit ist, dass die Hinzuziehung zu einem Konsil stets im Einzelfall erfolgt (Quaas in Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, 4. Aufl 2018, § 16 RdNr 142; Wigge in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl 2017, § 6 RdNr 300). Die Klägerin wurde im Gegensatz zu einer Konsiliarärztin aber nicht nur in konkreten Einzelfällen beratend herangezogen, sondern war im Bereitschaftsdienst eingesetzt.

2. Es spielt keine Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass "Honorarärzte im Krankenhaus" selbstständig tätig sind oder sein können. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl dazu BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 32 mwN <Rackjobbing II>; ferner bereits zB BSG Urteil vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN <Tagesmutter>; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 <Hauswirtschaftliche Pflegerin>; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13 <Arzt als pharmazeutisch-wissenschaftlicher Fachreferent>; BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 25 <Physiotherapeutin>). Ungeachtet dessen ist eine Verkehrsanschauung, die sog "Honorarärzte" grundsätzlich als selbstständig einstuft, nicht der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerfG und des BGH zu entnehmen. In seinem Urteil vom 16.10.2014 (III ZR 85/14 - BGHZ 202, 365) hat der BGH einen sog "Honorararzt" lediglich als Facharzt beschrieben, der im stationären und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für den Krankenhausträger erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein. Unter welchen Voraussetzungen das Merkmal der fehlenden Anstellung anzunehmen ist, geht aus der Entscheidung nicht hervor. Das BVerfG (<Kammer> Beschluss vom 3.3.2015 - 1 BvR 3226/14 - NZS 2015, 502) setzt sich damit ebenfalls nicht auseinander. Es weist lediglich darauf hin, dass sich die Tätigkeit eines Honorararztes gerade durch ein Rechtsverhältnis mit dem Krankenhausträger auszeichne.

3. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist auch nicht dadurch vorgeprägt, dass sog Honorararztverträge in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bisher überwiegend als freie Dienstverhältnisse qualifiziert werden (vgl Thüringer LAG Beschluss vom 29.4.2010 - 1 Ta 29/10; Hessisches LAG Urteil vom 30.11.2015 - 16 Sa 583/15; Hessisches LAG Urteil vom 14.1.2013 - 16 Sa 1213/12; LAG Hamm Beschluss vom 7.2.2011 - 2 Ta 505/10; LAG Düsseldorf Urteil vom 6.2.2018 - 3 Sa 632/17). Es besteht kein vollständiger Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs mit dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 SGB IV. Nach § 7 Abs 1 S 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, "insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Daraus folgt, dass grundsätzlich eine Beschäftigung vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht, allerdings auch, dass eine Beschäftigung auch dann ausgeübt werden kann, wenn kein Arbeitsverhältnis besteht; Beschäftigung ist nicht gleichzusetzen mit dem Arbeitsverhältnis (BAG Beschluss vom 30.8.2000 - 5 AZB 12/00 - AP Nr 75 zu § 2 ArbGG 1979 = Juris RdNr 11). Die arbeitsgerichtliche Entscheidungspraxis beruht im Wesentlichen darauf, dass der privatautonomen Entscheidung der Arbeitsvertragsparteien eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Die Sozialversicherung dient hingegen neben der sozialen Absicherung des Einzelnen auch dem Schutz der Mitglieder der Pflichtversicherungssysteme, die in einer Solidargemeinschaft zusammengeschlossen sind. Die Träger der Sozialversicherung sind Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Dies schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden (BSG Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16 = Juris RdNr 24 <Bausparkassenvertreter>; zum weiteren Schutzzweck: Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsorge des Einzelnen vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 31; BSG Urteil vom 5.12.2017 - B 12 R 10/15 R - SozR 4-2400 § 8 Nr 7 RdNr 22).

III. Das LSG hat ausgehend von den Maßstäben zur Beurteilung des Vorliegens von Beschäftigung eine zutreffende Gesamtwürdigung vorgenommen.

1. Dabei ist für die Beurteilung auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen. Nach den Feststellungen des LSG wurden die einzelnen Dienste am 5.10.2012, vom 9.10.2012 bis zum 12.10.2012 und vom 16.10.2012 bis zum 19.10.2012 individuell vereinbart. Eine Rahmenvereinbarung bestand nicht. Bei Vertragsgestaltungen dieser Art ist für die Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 17 <Physiotherapeutin>; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 <Rackjobbing II>; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 26 <Verkehrspilot>).

2. Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien. Vertraglich haben die beigeladene Krankenhausbetreiberin und die Klägerin zwar vereinbart, dass sie "freiberuflich tätig" sei. Wenn aber wie vorliegend Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der Vereinbarung bestehen, geht die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (vgl BSG Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 168 = SozR 2400 § 2 Nr 16 S 20; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 28 <telefonische Gesprächspartnerin>).

3. Bei der Gewichtung der Indizien ist zu berücksichtigen, dass die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus Besonderheiten aufweist. Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach ganz herrschender Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind (BAG Urteil vom 27.7.1961 - 2 AZR 255/60 - BAGE 11, 225; BSG Urteil vom 29.9.1965 - 2 RU 169/63 - BSGE 24, 29 = SozR Nr 1 zu § 539 RVO; BGH Beschluss vom 26.2.1998 - III ZB 25/97 - NJW 1998, 2745). Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden.

Zudem unterliegen Krankenhäuser regulatorischen Vorgaben, die ebenfalls bei der Statusbeurteilung ärztlicher Tätigkeit zu beachten sind. Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses sowie die Regelungen über die Erbringung und Vergütung von Krankenhausleistungen, zur Qualitätssicherung im Krankenhaus und zum Patientenschutz haben insoweit zwar keine zwingende, übergeordnete und determinierende Wirkung. Entsprechendes hat der Senat für ein Zulassungserfordernis in der ambulanten Versorgung bereits entschieden. Regulatorische Vorgaben sind jedoch bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 <Physiotherapeutin> und jüngst BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 10, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der Senat muss insoweit nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang eine selbstständige honorarärztliche Tätigkeit im Krankenhaus leistungs- und vergütungsrechtlich zulässig ist. Dass BGH und BVerfG davon in gewissem Umfang ausgehen, ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des konkreten Arbeitseinsatzes unerheblich. Ebenfalls offenbleiben kann, nach welchen Maßstäben zu beurteilen ist, ob ein Krankenhaus bei einem nahezu ausschließlichen oder dauerhaft in erheblichem Umfang bestehenden Einsatz von selbstständigen Honorarärzten (noch) über eine ausreichende, dem Versorgungsauftrag entsprechende Personalausstattung (§ 39 Abs 1 S 3, § 107 Abs 1 Nr 2, § 109 Abs 4 S 2 SGB V bzw im Pflegesatzrecht § 17 Abs 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz, § 8 Abs 1 S 3 KHEntgG) verfügt. Jedenfalls müssen Krankenhäuser nach § 107 Abs 1 SGB V selbst über ausreichende, dem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen (Nr 2), wozu insbesondere jederzeit verfügbares besonders geschultes Personal gehört (Nr 3). Ein Krankenhaus hat nach § 2 Abs 3 KHEntgG zudem sicherzustellen, dass die nicht fest angestellten Ärzte die gleichen Anforderungen wie die fest im Krankenhaus angestellten Ärzte erfüllen. Dies setzt einen maßgeblichen Einfluss des Krankenhauses auf ihre Tätigkeit voraus (Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 107 RdNr 26). Neben dem Erfordernis und Nachweis entsprechender fachlicher Qualifikationen bestehen umfassende Sicherstellungspflichten des Krankenhauses, die zu einer weitreichenden Einbindung der Ärzte in die Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen führen (vgl BT-Drucks 17/9992 S 26). Diese regulatorischen Rahmenbedingungen bedingen im Regelfall die Eingliederung ärztlichen Krankenhauspersonals in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen daher gewichtige Indizien bestehen.

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass hier auch nicht darüber zu entscheiden ist, ob es für Krankenhäuser rechtlich überhaupt möglich ist, in größerem Umfang nicht auf fest angestellte, sondern von Leiharbeitsunternehmen punktuell entliehene Ärzte zurückzugreifen.

4. Die Klägerin unterlag einem Weisungsrecht des Krankenhauses und war darüber hinaus in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in dessen Betriebsablauf eingegliedert.

Entgegen ihrer Auffassung geht eine Eingliederung nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht des Krankenhauses einher. Die in § 7 Abs 1 S 2 SGB IV genannten Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander und müssen nicht kumulativ vorliegen. Sie sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl auch BT-Drucks 14/1855 S 6). So hat der Senat bereits 1962 im Anschluss an die Rechtsprechung des BAG zu Chefärzten (Urteil vom 27.7.1961 - 2 AZR 255/60 - BAGE 11, 225) ausgeführt, dass das Weisungsrecht insbesondere bei sog Diensten höherer Art - heute würde man von Hochqualifizierten oder Spezialisten sprechen - aufs Stärkste eingeschränkt sein kann. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG Urteil vom 29.3.1962 - 3 RK 74/57 - BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO <Prediger>). Der Gesetzgeber hat das vom Senat entwickelte Kriterium der Weisungsgebundenheit wie das der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers in § 7 Abs 1 S 2 SGB IV ausdrücklich aufgegriffen.

Das Merkmal der Eingliederung in § 7 Abs 1 S 2 SGB IV hat auch nicht durch die Änderung von § 611a BGB mit Wirkung vom 1.4.2017 (Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.2.2017, BGBl I 258) an Bedeutung verloren. Die Eingliederung ist dort in der Definition des Arbeitsvertrages zwar nicht mehr genannt. Hieraus wird teilweise abgeleitet, dass das Kriterium für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft nicht mehr von Bedeutung sei, sondern allein die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers entscheide (zur Entstehungsgeschichte von § 611a BGB instruktiv Stindt, NZS 2018, 481 ff; zum Verhältnis der Topoi Weisungsbindung, fremdbestimmte Arbeit und persönliche Abhängigkeit im Arbeitsrecht Preis, NZA 2018, 817 ff; für ein Festhalten am Kriterium der Eingliederung Wank, AuR 2017, 140, 143 f; für ein Fortleben des Merkmals als Erscheinungsform der Fremdbestimmung Preis in ErfK, 19. Aufl 2019, § 611a BGB RdNr 41; Joussen in BeckOK Arbeitsrecht, Stand 1.6.2019, § 611a BGB RdNr 25). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Vorschrift des § 7 Abs 1 S 2 SGB IV hat der Gesetzgeber jedoch nicht geändert. Zudem ist der Gesetzesbegründung zu § 611a BGB zu entnehmen, dass Vorschriften, die eine abweichende Definition des Arbeitnehmers, des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich festzulegen, unberührt bleiben sollen (BT-Drucks 18/9232 S 31).

Die Weisungsgebundenheit der klagenden Ärztin während der übernommenen Bereitschaftsdienste war nach den nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG möglicherweise eingeschränkt, aber nicht entfallen. Ergeben sich etwa Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus vertraglichen Vereinbarungen oder mit einer Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten, kommt es darauf an, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 30 <Rackjobbing II>). Hier hat die Klägerin ihre ärztlichen Dienste nicht zeitlich frei erbringen können, sondern "in Vertretung" einer bei der beigeladenen Krankenhausbetreiberin abhängig beschäftigten Ärztin ausüben müssen. Zudem war sie an die Dauer der eingeplanten Bereitschaftsdienste von regelmäßig 16.30 Uhr bis 8.30 Uhr des Folgetages gebunden. Sie war damit in personeller und zeitlicher Hinsicht von den organisatorischen Vorgaben des Krankenhausbetriebes abhängig und konnte die Arbeit nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt abbrechen. Die ihr zugewiesenen Aufgaben waren innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu erledigen. Zudem war die Klägerin fachlich einem Weisungsrecht der verantwortlichen Chefärztin ausgesetzt.

Die Klägerin war auch in die Arbeitsabläufe des Krankenhauses eingebunden. Jedenfalls wenn ein Arzt - wie vorliegend - eine vom Krankenhaus geschuldete (Teil-)Leistung innerhalb der vom Krankenhaus vorgegebenen Organisationsabläufe erbringt, er die Einrichtungen und Betriebsmittel des Krankenhauses nutzt und arbeitsteilig mit dem ärztlichen und pflegerischen Krankenhauspersonal in vorgegebenen Strukturen zusammenarbeitet, ist er in der Regel in einer seine Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert (vgl Senatsurteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - sog Leitfall - mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Schon nach der vom LSG für den Senat bindend festgestellten vertraglichen Vereinbarung vom 12.9.2012 war die Klägerin verpflichtet, mit der leitenden Ärztin und dem übrigen Personal der Abteilung sowie den sonstigen Mitarbeitern der Klinik zusammenzuarbeiten. Da sie ausschließlich im Bereitschaftsdienst eingesetzt war, ist es für die Statusbeurteilung unerheblich, dass ihr eine kontinuierliche Patientenversorgung im Tagdienst nicht oblag.

5. Das LSG hat keine für Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte festgestellt, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Weisungsgebundenheit und Eingliederung der Klägerin auch nur annähernd hätten auf- oder überwiegen können. Insbesondere war sie nicht einem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Sie erhielt einen festen Lohn für geleistete Stunden und hatte keinen Verdienstausfall zu befürchten. Für sie bestand auch nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Da es lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko der Klägerin, vom der Beigeladenen zu 1. keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten, für die Frage ihres Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant.

Für die Abgrenzung ist es nicht von Bedeutung, ob die honorarärztliche Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt wird und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dazu gehört nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit (BSG Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76 - SozR 2200 § 1227 Nr 19 = Juris RdNr 11 <Propagandistin>; BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - Juris RdNr 19 <Profirennreiter>). Eine wirtschaftliche Abhängigkeit steht auch einem objektiven Weisungsrecht nicht gleich (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 35 <Erziehungsbeistand>). Das Sozialversicherungsrecht ordnet Versicherungspflicht nicht nur für unbefristete Dauerbeschäftigungen an. Vielmehr sind - sofern die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind - auch zeitlich befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Für unständig Beschäftigte sieht das Sozialversicherungsrecht ebenfalls spezielle Regelungen vor, ohne generell Versicherungsfreiheit anzuordnen (vgl für das Recht der Arbeitsförderung und die GRV § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III, § 163 Abs 1 SGB VI). Eine zusätzlich hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit hat lediglich für die Kranken- und Pflegeversicherung Bedeutung (§ 5 Abs 5 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 SGB XI).

Auch die Höhe der erzielten Vergütung schließt die abhängige Beschäftigung nicht aus. Sie ist nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 50 <Erziehungsbeistand>) und vorliegend als Ausdruck des Parteiwillens nicht ausschlaggebend. Dem Willen der Vertragsparteien kommt nach der Rechtsprechung des Senats generell nur dann eine potentielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG Urteil vom 13.7.1978 - 12 RK 14/78 - SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38 f; zur Situation eines non-liquet BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 13 <Musiklehrer>; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer <Begriff> RdNr 82). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht des Indizes umso geringer, je weniger eindeutig die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die potentielle Bedeutung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit = Juris RdNr 33; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 26 <Rackjobbing II>).

Diese Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Honorarhöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen" kann. Ebenso führt eine überlegene Verhandlungsposition von Auftragnehmern schon aus Gleichbehandlungsgründen für sich genommen nicht dazu, dass sie aufgrund möglicher Eigenvorsorge aus den Pflichtversicherungssystemen entlassen wären. Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig zu machen, zumal dieses Schutzbedürfnis sich beim Einzelnen im Laufe der Zeit wandeln kann. Wenn die Versicherungspflicht solchen Wandlungen folgen würde, wäre die Gefahr einer negativen Risikoauslese gegeben (BSG Urteil vom 10.9.1975 - 3/12 RK 6/74 - BSGE 40, 208, 209 = SozR 2200 § 169 Nr 1 S 2 = Juris RdNr 10; vgl auch BSG Urteil vom 12.10.2000 - B 12 RA 2/99 R - SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 32 = Juris RdNr 19; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer <Begriff> RdNr 57).

IV. Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis. Für Unternehmer bestehende Schwierigkeiten, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen, und Erfordernisse einer Kostenoptimierung sind für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit nicht relevant (vgl auch Berchtold, 26. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung 2014, 241, 254). Dies gilt selbst für etwaige Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen. Entsprechende Tatsachen sind ungeachtet dessen weder vom LSG festgestellt worden noch sind sie offenkundig. Da der Senat in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Verfahren über die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung und in der Folge Versicherungspflicht bei verschiedenen Gesundheitsberufen zu entscheiden hatte, hat er rein informatorisch zur Sammlung von Prozessstoff eine Befragung und Anhörung von Verbänden und Kostenträgern durchgeführt. Daraus haben sich keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der flexible Einsatz von Honorarkräften im Gesundheitswesen für die Aufrechterhaltung der Versorgung unerlässlich wäre. Finden Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Krankenhäuser nicht genügend Personal, das bereit ist, ein Arbeitsverhältnis mit dem Krankenhaus einzugehen, weil die Arbeitsbedingungen als nicht attraktiv angesehen werden (Bezahlung, Arbeitszeiten, Schicht- und sonstige Dienste), können Krankenhäuser und Ärzte die insoweit bestehenden Probleme nicht dadurch lösen, dass sie einen Honorarvertrag vereinbaren. Zwingende Regelungen des Sozialversicherungsrechts können nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass Arbeitsverhältnisse als Honorartätigkeit bezeichnet werden (vgl hierzu Senatsurteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - sog Leitfall - mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

V. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Versicherungs- und Beitragsrechts verletzen keine Grundrechte der Klägerin und der beigeladenen Krankenhausbetreiberin.

1. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit in Art 12 Abs 1 GG wird durch die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und der daraus folgenden Sozialversicherungspflicht nicht berührt.

Für Steuer- und Abgabevorschriften ist seit langem anerkannt, dass sie nur dann an Art 12 Abs 1 GG zu messen sind, wenn sie in einem engen Zusammenhang zur Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen. Hat eine Vorschrift hingegen keine Berufs-, sondern Beitragspflichten zum Gegenstand, steuert der Gesetzgeber insoweit weder die Wahl noch die Ausübung des Berufes (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 3.6.2013 - 1 BvR 131/13 ua - BVerfGK 20, 327, 331 f = Juris RdNr 18; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 27). § 7 Abs 1 S 1 SGB IV regelt keine Berufspflichten, sondern allgemein die Merkmale der Beschäftigung als Grundlage der Versicherungs- und Beitragspflicht. Selbst wenn nach den Umständen des Einzelfalls manche Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden können, wird Art 12 GG dadurch nicht verletzt (BSG Beschluss vom 11.5.1993 - 12 BK 62/91 - Juris RdNr 3).

Auch die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit wird durch die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer konkreten Tätigkeit nicht beschnitten. Maßstab ist auch insoweit Art 12 Abs 1 GG; das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art 2 Abs 1 GG tritt im Bereich beruflicher Betätigung als Prüfungsmaßstab zurück (BVerfG Beschluss vom 23.10.2013 - 1 BvR 1842/11 ua - BVerfGE 134, 204 RdNr 67). Welchen vertraglichen Inhalt ein Arbeitsverhältnis haben soll, wird durch die Frage nach der Beitragspflichtigkeit der vereinbarten und praktizierten Tätigkeit jedoch nicht berührt.

2. Die gesetzliche Anordnung der Zwangsmitgliedschaft und damit verbundener Beitragspflichten ist zwar ein Eingriff in den Schutzbereich des Art 2 Abs 1 GG (vgl BVerfG Beschluss vom 18.2.1998 - 1 BvR 1318/86 ua - BVerfGE 97, 271, 286 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 7; BVerfG Beschluss vom 9.9.2003 - 1 BvR 558/99 - BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 38). Beschränkungen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sind jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zulässig. Im Spannungsverhältnis zwischen der individuellen Freiheit und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfGE 29, 221, 235 = SozR Nr 7 zu Art 2 GG; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 1 f). Die Sozialversicherungspflicht dient dabei einem legitimen Zweck und ist geeignet, angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne. Sie schützt - wie bereits ausgeführt - neben den Betroffenen selbst auch die Allgemeinheit vor einer übermäßigen Inanspruchnahme der staatlichen Gemeinschaft (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.6.2007 - 1 BvR 2204/00 - SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 29). Der Gesetzgeber darf dabei einen generalisierenden Maßstab anlegen und davon ausgehen, dass diejenigen Personen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst anderer stellen, im Allgemeinen auf diese Beschäftigung zur Erlangung ihres Lebensunterhalts angewiesen und daher sozial schutzbedürftig sind (vgl BVerfGE 18, 257, 270 f = SozR Nr 55 zu Art 3 GG; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 31.8.2004 - 1 BvR 945/95 - SozR 4-2600 § 7 Nr 2 RdNr 13 = Juris RdNr 12).

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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