Bundessozialgericht

Welche Anforderungen sind an das hinreichende Potenzial einer Untersuchungsmethode für eine Erprobung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen?

Ausgabejahr 2018
Nummer 58
Datum 13.12.2018

Wenn der Nutzen einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode noch nicht hinreichend belegt ist, können Versicherte die entsprechenden Leistungen nach Erlass einer Erprobungsrichtlinie von ihrer Krankenkasse erhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die neue Methode das "Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative" bietet. Welche Anforderungen an dieses Potenzial im Einzelnen zu stellen sind, ist umstritten. Hierüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, dem 18. Dezember 2018 ab 12.30 Uhr mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 1 KR 11/18 R).

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben grundsätzlich nur Anspruch auf Leistungen, wenn diese dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft auf Antrag den Nutzen einer Behandlungs- oder Untersuchungsmethode. Gelangt der Gemeinsame Bundesausschuss dabei zu dem Ergebnis, dass die Methode zwar das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet - etwa weil sie eine invasivere Methode ersetzen kann oder weniger Nebenwirkungen hat -, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist, kann er eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung der Methode zu gewinnen. Daneben können auch Hersteller eines Medizinproduktes, auf dessen Einsatz die Anwendung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode maßgeblich beruht, beim Gemeinsamen Bundesausschuss den Erlass einer Erprobungsrichtlinie beantragen. Der Hersteller hat dazu aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, aus denen sich das "Potenzial für eine Erprobung" ergibt.

Die Klägerin beantragte bei dem beklagten Gemeinsamen Bundesausschuss, eine Richtlinie zur Erprobung des von ihr angebotenen DiaPat®-CC Diagnosetests zu beschließen. Dieser ermittelt und quantifiziert mittels Proteomanalyse die im Gallensekret und/oder Urin eines Patienten vorhandenen Proteine, um zu erkennen, ob bei Patienten mit unklarer Veränderung der Gallenwege, insbesondere mit einer primär sklerosierenden Cholangitis, ein bösartiges Gallengangskarzinom vorliegt. Der Beklagte lehnte den Antrag ab: Aus den eingereichten Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Methode hinreichendes Potenzial für eine Erprobung habe. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat auf die Klage den Beklagten demgegenüber verpflichtet, den Antrag erneut zu bescheiden: Die Ablehnung des Antrags sei nur bei Methoden ohne jedes Potenzial gerechtfertigt. Es genüge - wie beim DiaPat®-CC - die auf dem Wirkprinzip beruhende Annahme, die diagnostische Methode könne sich in ihrem Anwendungsbereich als erfolgreich erweisen, und sei es auch nach mehreren Erprobungsstudien. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision.

Hinweise zur Rechtslage

§ 137e Fünftes Buch Sozialgesetzbuch

(1) Gelangt der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Prüfung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 oder § 137c zu der Feststellung, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist, kann der Gemeinsame Bundesausschuss unter Aussetzung seines Bewertungsverfahrens eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen. Aufgrund der Richtlinie wird die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung oder der Früherkennung zulasten der Krankenkassen erbracht.



(7) Unabhängig von einem Beratungsverfahren nach § 135 oder § 137c können Hersteller eines Medizinprodukts, auf dessen Einsatz die technische Anwendung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode maßgeblich beruht, und Unternehmen, die in sonstiger Weise als Anbieter einer neuen Methode ein wirtschaftliches Interesse an einer Erbringung zulasten der Krankenkassen haben, beim Gemeinsamen Bundesausschuss beantragen, dass dieser eine Richtlinie zur Erprobung der neuen Methode nach Absatz 1 beschließt. Der Antragsteller hat aussagekräftige Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgeht, dass die Methode hinreichendes Potenzial für eine Erprobung bietet sowie eine Verpflichtungserklärung nach Absatz 6 abzugeben. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung auf der Grundlage der vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags vorgelegten Unterlagen. Beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Erprobung, entscheidet er im Anschluss an die Erprobung auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse über eine Richtlinie nach § 135 oder § 137c.

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