Bundessozialgericht

Müssen Krankenhäuser Zahlungen für Umsatzsteuer auf Arzneimittelzubereitungen an Krankenkassen erstatten?

Ausgabejahr 2019
Nummer 09
Datum 05.04.2019

Darüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, 9. April 2019 um 13.00 Uhr, mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 1 KR 5/19 R).

Krankenhausapotheken dürfen vertraglich auf Kosten der Krankenkassen an deren Versicherte unter anderem individuell hergestellte Arzneimittelzubereitungen für die ambulante Behandlung im Krankenhaus abgeben. Sie nahmen wie die Steuerverwaltung an, dies unterliege der Umsatzsteuer. Der Bundesfinanzhof entschied, die Abgabe von Zytostatika sei umsatzsteuerfrei (24.09.2014). Dem folgte das Bundesministerium der Finanzen für Arzneimittelzubereitungen auch für die Vergangenheit (Erlass vom 28.09.2016). Deshalb klagen bundesweit viele Krankenkassen gegen Krankenhäuser auf diesbezügliche Erstattung.

Die beklagte Krankenhausträgerin behandelte 2010 bei der klagenden Krankenkasse Versicherte mit Arzneimittelzubereitungen, die die klinikumseigene Apotheke individuell für die Versicherten herstellte und an diese abgab. Für die Preisberechnung von solchen Zubereitungen sieht § 5 der zwischen der Beklagten und unter anderem der Klägerin 2004 geschlossenen Arzneimittelpreisvereinbarung ergänzend zu den sonstigen Vergütungsbestandteilen folgendes vor: "(2) (…) + Herstellungspauschale i.H.v. 16 Euro (…) (3) Die gem. Abs. 2 ermittelten Beträge erhöhen sich um den jeweils geltenden Mehrwertsteuersatz." Die Beklagte führte die von der Klägerin gezahlte Umsatzsteuer an das zuständige Finanzamt ab. Dieses stimmte der von der Beklagten für das Jahr 2010 abgegebenen Umsatzsteuer-Anmeldung zu (14.8.2012). Die Klage auf Erstattung von 1319,36 Euro auf Herstellungspauschalen gezahlte Umsatzsteuer für Umsätze betreffend Abrechnungen des Jahres 2010 ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben: Der Klägerin stehe kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Die Beklagte habe die für die Zubereitungen gezahlte Umsatzsteuer mit Rechtsgrund erlangt. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Umsatzsteuer-Anmeldung umsatzsteuerpflichtig geworden und auch geblieben. Die Beklagte habe für die Zubereitungen der Krankenhausapotheke Umsatzsteuer erheben dürfen. Sie habe keine nebenvertragliche Pflicht dadurch verletzt, dass sie nicht auf den rückwirkenden Wegfall der Umsatzsteuer-Pflicht hingewirkt habe. Das Bundesministerium der Finanzen habe nur die Möglichkeit einer rückwirkenden Korrektur eröffnet, aber keine Pflicht hierzu begründet. Eine solche Pflicht ergebe sich auch nicht aus der Arzneimittelpreisvereinbarung.

Hinweise zur Rechtslage

§ 129a SGB V - Krankenhausapotheken (in der bis 12.5.2017 maßgeblichen Fassung)

Die Krankenkassen oder ihre Verbände vereinbaren mit dem Träger des zugelassenen Krankenhauses das Nähere über die Abgabe verordneter Arzneimittel durch die Krankenhausapotheke an Versicherte, insbesondere die Höhe des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises. Die nach § 300 Abs. 3 getroffenen Regelungen sind Teil der Vereinbarungen nach Satz 1. Eine Krankenhausapotheke darf verordnete Arzneimittel zu Lasten von Krankenkassen nur abgeben, wenn für sie eine Vereinbarung nach Satz 1 besteht. Die Regelungen des § 129 Absatz 5c Satz 4 bis 5 gelten für Vereinbarungen nach Satz 1 entsprechend.

§ 4 UStG - Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
(…)
14. (…)
b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa) zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
(…)
erbracht werden. (…)

Auszug aus der konsolidierten Fassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 01.10.2010, BStBl I S 846 mit Stand 19.12.2016

(2) Unter diesen Voraussetzungen können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören:
1. die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von Patienten, deren ärztliche und pflegerische Betreuung einschließlich der Lieferungen der zur Behandlung erforderlichen Medikamente;
2. die Behandlung und Versorgung ambulanter Patienten;
3. die Abgabe von individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke des Krankenhauses hergestellten Arzneimitteln, wenn diese im Rahmen einer ambulant in den Räumen dieses Krankenhauses durchgeführten Heilbehandlung verwendet werden; auf die sozialrechtliche Ermächtigungsform für die ambulante Heilbehandlung kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 24. 9. 2014, V R 19/11, BStBl 2016 II S. 781). Eine Behandlung im selben Gebäude ist nicht erforderlich. Für die Steuerbefreiung ist die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke eines Krankenhauses zur Behandlung eines Patienten in einem Krankenhaus desselben Unternehmers an einem anderen Standort unschädlich;

(Nummer 3 neu eingefügt durch BMF-Schreiben vom 28. September 2016 - III C 3 - S 7170/11/10004 (2016/0883539), BStBl I S. 1043. Die bisherigen Nummern 3 bis 8 wurden neue Nummern 4 bis 9. Die Grundsätze der Regelung sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. April 2017 ausgeführt werden, wird es für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.14.6 Abs. 2 Nr. 3 UStAE dem allgemeinen Steuersatz unterwirft und insoweit aus den damit zusammenhängenden Eingangsleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug geltend macht.)

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