Bundessozialgericht

Rentenversicherung darf sich gegen Zuständigkeitsverletzung durch Krankenkasse zur Wehr setzen

Ausgabejahr 2019
Nummer 28
Datum 16.07.2019

Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist berechtigt, Bescheide zur Versicherungspflicht einer als Einzugsstelle handelnden gesetzlichen Krankenkasse mit dem Argument anzufechten, ihre Alleinzuständigkeit im obligatorischen Clearingstellenverfahren sei verletzt. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts heute in zwei Urteilen entschieden und dadurch Revisionen der beklagten BKK24 zurückgewiesen (Aktenzeichen B 12 KR 6/18 R und B 12 KR 5/18 R, weitere Verfahren haben sich anderweitig erledigt).

Geht es um Tätigkeitsverhältnisse unter Eheleuten oder Eltern und Kindern ist nicht die Einzugsstelle, sondern die Deutsche Rentenversicherung Bund berechtigt, im obligatorischen Clearingstellenverfahren nach § 7a Absatz 1 Satz 2 SGB IV das Bestehen oder Nichtbestehen von versicherungspflichtiger Beschäftigung festzustellen. Ihre Zuständigkeit ist als wehrhaftes Recht ausgestaltet. Der Clearingstelle ist die Aufgabe eines herausgehobenen Statusentscheiders mit besonderer Gemeinwohlverantwortung in Fällen zugewiesen, in denen es typischerweise an einem Interessengegensatz der Vertragspartner des Tätigkeitsverhältnisses fehlt. Das obligatorische Clearingstellenverfahren dient einerseits dem Schutz der Beschäftigten in einem besonderen Näheverhältnis zum Arbeitgeber: Ihnen soll aus Gründen der Rechtssicherheit zügig und von Amts wegen eine objektive Entscheidung einer neutralen Stelle über die Versicherungspflicht zukommen, die unter Umständen auch eine leistungsrechtliche Bindung der Bundesagentur für Arbeit nach § 336 SGB III bewirkt. Andererseits wird auch die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten geschützt: Weder Beschäftigte noch Arbeitgeber oder die im Wettbewerb untereinander stehenden Krankenkassen mit ihren Einzugsstellen dürfen über die Versicherungspflicht frei disponieren. Die Alleinzuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund ist durch die angefochtenen Bescheide der beklagten BKK24 verletzt worden. Das obligatorische Clearingstellenverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn die Einzugsstelle auf andere Weise als aus einer förmlichen Meldung des Arbeitgebers über den Beschäftigungsbeginn oder den Krankenkassenwechsel Kenntnis davon erlangt hat, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Voraussetzung ist lediglich, dass der Arbeitgeber der Einzugsstelle gegenüber aufgrund objektiver Umstände seine Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum Ausdruck gebracht hat. Dies war in allen Fällen erfüllt.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 7a SGB IV Anfrageverfahren

(1) 1Die Beteiligten können schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. 2Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. 3Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Absatz 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund. (…)

§ 336 SGB III Leistungsrechtliche Bindung

Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund im Verfahren nach § 7a Abs. 1 des Vierten Buches die Versicherungspflicht nach diesem Buch durch Verwaltungsakt fest, ist die Bundesagentur hinsichtlich der Zeiten, für die der die Versicherungspflicht feststellende Verwaltungsakt wirksam ist, an diese Feststellung leistungsrechtlich gebunden.

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