Bundessozialgericht

Hat ein Akutkrankenhaus Anspruch auf Vergütung, wenn es einen Versicherten, der nur noch stationärer medizinischer Reha-Leistungen bedarf, so lange stationär weiterbehandelt, bis er einen Reha-Platz erhält?

Ausgabejahr 2019
Nummer 53
Datum 13.11.2019

Wer die Kosten zu tragen hat, wenn ein Krankenhaus einen Versicherten weiterbehandelt, der aus medizinischen Gründen nicht mehr stationärer Krankenhausbehandlung bedarf, sondern nur noch stationärer medizinischer Reha, aber jedenfalls stationärer medizinischer Versorgung, ist umstritten. Darüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, 19. November 2019 um 11.45 Uhr, mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 1 KR 13/19 R).

Die klagende Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses behandelte den 1938 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse Versicherten stationär ab 7.12.2009 wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation. Auf den durch die Klägerin veranlassten Antrag (30.12.2009) bewilligte die Beklagte (7.1.2010) eine stationäre Anschlussheilbehandlung zur medizinischen Rehabilitation in der Lungenfachklinik in Pfronten und informierte die Klägerin, der Versicherte werde dort ab 27.1.2010 aufgenommen. Die Klägerin entließ den Versicherten an diesem Tag zur nahtlosen Aufnahme in der Reha-Einrichtung. Sie berechnete und erhielt von der Beklagten insgesamt 36 244,01 Euro (Fallpauschale, weitere Vergütungsbestandteile nebst einem tagesbezogenen Entgelt für zehn Tage vom 17. - 26.1.2010 wegen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer - OGVD). Die Beklagte forderte später vergeblich 10 483,32 Euro zurück: Krankenhausbehandlung sei jedenfalls ab dem 17.1.2010 nicht mehr erforderlich gewesen. Die Beklagte rechnete 10 483,32 Euro gegenüber unstreitigen Vergütungsforderungen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf. Die Vorinstanzen haben die Beklagte zur Zahlung dieses Betrags verurteilt. Die Klägerin habe den Versicherten aus medizinischen Gründen erst am 27.1.2010 in die Reha-Einrichtung entlassen können. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision, die Klage abzuweisen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 39 Abs 1 SGB V - Krankenhausbehandlung (in der hier maßgeblichen Fassung durch Art 5 Nr 11 nach Maßgabe des Art 67 Gesetz vom 19.6.2001, BGBl I 1046 mWv 1.7.2001)

(1) … Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.

§ 40 Abs 2 S 1, Abs 3 Satz 1 und 2 SGB V - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (in der hier maßgeblichen Fassung durch Art 1 Nr. 26 GKV-WSG vom 26.3.2007 I 378 mWv 1.4.2007)

2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht.

(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Leistungen nach Absatz 1 sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. …

§ 111 Abs 1 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung durch Art 5 Nr 24 nach Maßgabe des Art 67 Gesetz vom 19.6.2001, BGBl I 1046 mWv 1.7.2001)

Die Krankenkassen dürfen … Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der Anschlussheilbehandlung (§ 40), die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in … Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach Absatz 2 besteht; … .

§ 7 SGB IX (idF durch (Artikel 1 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl. I S. 1046)

Die Vorschriften dieses Buches gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen.

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