Bundessozialgericht

Keine Geldentschädigung für den anwaltlich vertretenen Beteiligten eines überlangen Streitwertfestsetzungsverfahrens

Ausgabejahr 2019
Nummer 58
Datum 12.12.2019

Die Streitwertfestsetzung als Voraussetzung der Gebührenabrechnung des Rechtsanwalts ist für dessen Mandanten regelmäßig nicht so bedeutsam, dass diesem bei überlanger Dauer des Streitwertfestsetzungsverfahrens eine Entschädigung in Geld zugebilligt werden muss. Dies hat der 10. Senat des Bundessozialgerichts heute entschieden (Aktenzeichen B 10 ÜG 3/19 R).

Der Großvater des Klägers wehrte sich ursprünglich gegen die Rückforderung überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 38 525 Euro. Das nach seinem Tod von seiner Ehefrau, der Großmutter des Klägers, fortgeführte Verfahren endete im Berufungsverfahren durch Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers im März 2012. Für die von ihm im Berufungsverfahren vertretene Großmutter beantragte ihr Prozessbevollmächtigter 2012 beim Sozialgericht Kostenfestsetzung und beim Landessozialgericht Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von 38 525 Euro. Nachdem das Sozialgericht die anwaltlichen Kosten lediglich auf der Grundlage geringerer Betragsrahmengebühren festgesetzt hatte, traf das Landessozialgericht eine (ablehnende) Entscheidung über den Antrag auf Streitwertfestsetzung erst nach mehr als vier Jahren am 14.7.2016.

Im anschließenden Klageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer hat das Landessozialgericht als Entschädigungsgericht zugunsten des Klägers als Erbe seiner Großmutter eine unangemessene Verzögerung des Streitwertfestsetzungsverfahrens festgestellt. Die auf Geldentschädigung in Höhe von 2500 Euro gerichtete Klage hat es abgewiesen. Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Streitwertfestsetzung ist für seine Großmutter hier ohne nennenswerte Bedeutung gewesen. Eine Geldentschädigung als Wiedergutmachung für erlittene immaterielle Nachteile wegen der Überlänge des Streitwertfestsetzungsverfahrens war deshalb nicht geboten.


Hinweis auf Rechtsvorschriften

§ 198 Gerichtsverfassungsgesetz idF des Gesetzes vom 24.11.2011 (BGBl I 2302)

(1) 1Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. 2Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) 1Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. 2Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. 3Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. 4Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) …

(4) 1Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. 2Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. 3Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

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