Bundessozialgericht

Rechtsanwälte in einer Rechtsanwaltsgesellschaft sozialversicherungspflichtig?

Ausgabejahr 2022
Nummer 23
Datum 22.06.2022

Können Rechtsanwälte, die Gesellschafter und Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft sind, aufgrund abhängiger Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliegen? Darüber wird der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 28. Juni 2022 ab 12:30 Uhr im Rahmen einer öffentlichen Sitzung im Weißenstein-Saal mündlich verhandeln und eine Entscheidung verkünden (B 12 R 4/20 R).

Die fünf klagenden Rechtsanwälte sind Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft. Deren Gegenstand ist die Übernahme und die Ausführung von Anwaltsaufträgen, insbesondere die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, die durch in Diensten der Gesellschaft stehende zugelassene Rechtsanwälte unabhängig, weisungsfrei und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts ausgeführt werden. Die Kläger hielten zunächst jeweils 20%, nach Ausscheiden eines Klägers 25% der Gesellschaftsanteile. Die Geschäftsführerverträge sehen unter anderem ein festes Monatsgehalt von brutto 6500 Euro zuzüglich eines 13. Monatsgehalts und eine gewinnabhängige Tantieme vor. Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund das Bestehen von Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. In der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung bestand wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit. Klagen und Berufungen der Kläger sind ohne Erfolg geblieben.

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 7 SGB IV. Die Vorinstanzen hätten nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie als Rechtsanwälte unabhängige Organe der Rechtspflege seien. Zudem gewährleiste die Bundesrechtsanwaltsordnung ausdrücklich die Unabhängigkeit von Rechtsanwälten, die Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft seien. Daher seien sie nicht mit Honorarärzten oder Steuerberatern vergleichbar.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 1 BRAO Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege

Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.

§ 59c Abs. 1 BRAO Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft und Beteiligung an beruflichen Zusammenschlüssen

Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, können als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden.

§ 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO Gesellschafter

Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können nur Rechtsanwälte und Angehörige der in § 59a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BRAO genannten Berufe sein.

§ 59f BRAO Geschäftsführung

(1) Die Rechtsanwaltsgesellschaft muß von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Rechtsanwälte sein.

(…)

(4) Die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die Geschäftsführer oder gemäß Absatz 3 bevollmächtigt sind, bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs ist zu gewährleisten. Einflußnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind unzulässig.

§ 7 Abs. 1 SGB IV Beschäftigung

1Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. 2Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

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