Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 22/16 R

Verhandlungstermin 18.01.2018 10:00 Uhr

Terminvorschau

K. H. ./. 1. AOK Baden-Württemberg, 2. PK bei der AOK Baden-Württemberg
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung einkommensteuerlicher Aufgabegewinne bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV).

Der Kläger ist freiwillig kranken- und pflegeversichert. Er betrieb eine Gaststätte, die er im Jahr 2012 aufgab. Im Einkommensteuerbescheid vom 26.2.2014 wurden bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2012 bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer nebst eines Aufgabegewinns angesetzt. Daneben bezog der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen sowie "Renten". Ausgehend hiervon setzte die beklagte Krankenkasse - auch im Namen der ebenfalls beklagten Pflegekasse - Beiträge des Klägers zur GKV und sPV für die Zeit ab März 2013 fest. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der steuerliche Veräußerungsgewinn sei eine Einnahme die für den Lebensunterhalt verbraucht werde oder verbraucht werden könne, und daher beitragspflichtig. Es handele sich nicht um eine bloße Vermögensumschichtung. Durch die Aufdeckung stiller Reserven komme es zu einem Vermögenszuwachs im Privatvermögen des Klägers.

Der Kläger macht mit seiner Revision geltend, es werde nicht hinreichend zwischen den wirtschaftlichen Folgen von Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe differenziert; letztere ziehe keine Einnahmen nach sich. Ein steuerlicher Aufgabegewinn führe zu keiner Vermögensmehrung, da das Wirtschaftsgut - vorliegend ein Gebäude - vor und nach der Betriebsaufgabe denselben Wert habe.

SG Heilbronn - S 10 KR 1602/15
LSG Baden-Württemberg - L 11 KR 739/16

Terminbericht

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die bisherigen Feststellungen erlauben keine abschließende Entscheidung, ob die Beitragsfestsetzung rechtmäßig oder rechtswidrig ist.

Der im Einkommensteuerbescheid vom 26.2.2014 für das Jahr 2012 ausgewiesene Aufgabegewinn gehört zum beitragspflichtigen Arbeitseinkommen nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) in Verbindung mit § 15 Absatz 1 SGB IV, weil er als Veräußerungsgewinn zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) zählt und daher ein nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelter Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit ist. Über den Aufgabegewinn wird auch nicht Vermögen, sondern lediglich eine aufgedeckte stille Reserve verbeitragt. Die zwischenzeitliche Betriebsaufgabe steht der Beitragsfestsetzung grundsätzlich nicht entgegen. Die Beitragslast freiwilliger Mitglieder knüpft an deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an. Aufgabegewinne dürfen daher nicht deshalb regelmäßig unbeachtet bleiben, nur weil der insoweit maßgebliche Einkommensteuerbescheid erst nach Betriebsaufgabe und damit zu einem Zeitpunkt ergangen ist, zu dem eine selbstständige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt und Arbeitseinkommen nicht mehr erzielt wird. Allerdings dürfen freiwillige Mitglieder gemessen an ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die regelmäßig später eintretende Beitragslast nicht überfordert werden. In Anlehnung an die einer unverhältnismäßigen Belastung entgegenwirkenden Härtefallregelung des § 6 Absatz 3a und § 7 Absatz 7a BeitrVerfGrsSz sowie die Schutznorm des § 51 Absatz 2 SGB I ist für eine Beitragserhebung kein Raum, wenn dadurch Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder SGB II eintreten würde. Dies wird das LSG zu prüfen haben.

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