Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 2/17 R

Verhandlungstermin 24.01.2018 12:30 Uhr

Terminvorschau

Gemeinschaftspraxis W. G. und Dr. C. S. ./. KÄV Schleswig- Holstein
In diesem Verfahren besteht Streit darüber, wie das RLV bei einer BAG festzusetzen ist, der ein Vertragsarzt in der Anfangsphase angehört.

Die klagende Gemeinschaftspraxis wurde zum 1.1.2006 durch die Internisten G. und die zu diesem Zeitpunkt erstmals zugelassene Dr. S. gegründet. Die vertragsärztliche Praxis wurde in den Räumen des G. weitergeführt. Die beklagte KÄV teilte der Klägerin für das Quartal II/2009 eine "Gesamt-Obergrenze der Praxis" iHv 49 396,87 Euro mit. Diese setzte sich aus einem RLV für G. von 20 857,91 Euro (berechnet auf Grundlage der hälftigen Fallzahl der BAG im Vorjahresquartal: 505,5) und einer "Obergrenze" für Dr. S. von 28 536,96 Euro (berechnet auf Basis der Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe im Vorjahresquartal: 784,9) zusammen. In dem Bescheid ist ausgeführt, dass sich die Obergrenze für Wachstumsärzte auf einen vollzeitbeschäftigten Arzt beziehe und sich die individuelle Obergrenze für die Honorarabrechnung II/2009 nach der in diesem Quartal tatsächlich abgerechneten Fallzahl bemesse. Die Klägerin forderte 49 404 Euro für dem RLV unterfallende Leistungen an. Sie erhielt im Honorarbescheid 37 176 Euro zu 100 % und abgestaffelt 2 450 Euro vergütet, wobei als RLV nunmehr 20 858 Euro für G. sowie für Dr. S. 16 318 Euro (basierend auf der ihr zugeordneten Fallzahl von 408 bei insgesamt 1007 Fällen der BAG) berücksichtigt wurden.

Auf die Widersprüche der Klägerin gegen beide Bescheide änderte die Beklagte den Honorarbescheid. Sie teilte die RLV-relevante Fallzahl des Quartals II/2008 nicht mehr hälftig, sondern entsprechend dem Anteil an den im Quartal III/2008 erstmals arztindividuell abgerechneten Versichertenpauschalen auf. Das ergab für G. nunmehr 539,9 Fälle und ein entsprechend höheres RLV, während die Obergrenze für Dr. S. gleich blieb. Die BAG erhielt eine Nachzahlung von 1 132 Euro; im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Das SG hat die Beklagte zur erneuten Bescheidung verurteilt. Auf deren Berufung hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Vorgehensweise der Beklagten entspreche den im Honorarverteilungsvertrag vereinbarten Sonderregelungen für Ärzte in der Wachstumsphase, die sich innerhalb der Grenzen der durch Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008 erteilten Ermächtigung hielten. Die Regelung ermögliche Ärzten in der Wachstumsphase ein schnelles Wachstum; dass das zu Lasten der Kalkulierbarkeit des Honorars gehe, sei hinzunehmen. Die Bedenken des SG gegen die Ermittlung der Fallzahlen seien nicht stichhaltig; eine bessere Möglichkeit als die Heranziehung der Anteile an den abgerechneten Versichertenpauschalen bestehe nicht. Im Hinblick auf die Privilegierung der Wachstumsärzte sei die Beklagte nicht verpflichtet, zu gewährleisten, dass im Einzelfall ein Absinken der Fallzahlen keine Honorareinbußen bewirke. Das RLV sei arztbezogen und nicht praxisbezogen zu ermitteln.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin insbesondere, dass der BAG als solcher kein RLV zugewiesen worden sei. Zudem könne die Vorgehensweise der Beklagten zu einer Benachteiligung von Praxen in der Aufbauphase führen, was dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit widerspreche. Die innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums neu gegründete BAG müsse selbst als Wachstumspraxis behandelt werden.

Sozialgericht Kiel - S 16 KA 219/11
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 4 KA 27/14

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Das LSG hat das Urteil des SG, das die Beklagte zur erneuten Bescheidung verurteilt hatte, zu Unrecht aufgehoben. Die Beklagte wird bei ihrer Entscheidung allerdings die Rechtsauffassung des Senats und nicht die hiervon abweichende Ansicht des SG zu beachten haben.

Der Bescheid über die Mitteilung des RLV für das Quartal II/2009 ist ebenso wie der Honorarbescheid rechtswidrig, weil der Klägerin als BAG kein praxisbezogenes RLV zugewiesen wurde, sondern für eines ihrer Mitglieder lediglich eine von den tatsächlich erreichten Fallzahlen abhängige Obergrenze. Diese Vorgehensweise, die nach der den Senat bindenden Auslegung durch das LSG den Regelungen der landesrechtlichen HVV entspricht, steht nicht in Einklang mit höherrangigem Recht. Die Bestimmungen in § 87b Abs 2 und 5 SGB V aF sowie in Teil F Ziffer 1.2.4 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008 erfordern nicht nur eine arztpraxisbezogene Honorarabrechnung, sondern bereits eine arztpraxisbezogene Zuweisung des RLV. Nur eine solche Zuweisung gewährleistet, dass die Leistungserbringung durch die Mitglieder der BAG im Rahmen der durch das RLV gesetzten Grenzen flexibel gestaltet werden kann. Eine BAG, die sich selbst noch in der Aufbauphase befindet darf - wenn dies auch bei einem ihrer Mitglieder der Fall ist - nicht in typischen Konstellationen schlechter gestellt werden als eine BAG ohne Anfängerstatus.

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