Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 3/17 R

Verhandlungstermin 14.03.2018 09:00 Uhr

Terminvorschau

V. N. ./. DRV Bund und Beigeladene
Der Kläger ist seit 2006 als Opernchorsänger in verschiedenen Theatern und Opernhäusern mehrwöchig oder tageweise tätig. Er wurde am 23. und 30.12.2011 (krankheitsbedingt) als Aushilfe im Opernchor der zu 1. beigeladenen GmbH gegen ein Bruttoentgelt von jeweils 344 Euro eingesetzt. Der Kläger war weder zu allgemeinem Dienst noch zur Chorprobe verpflichtet. Unmittelbar vor seinen Auftritten erhielt er eine kurze szenarische (Sicherheits-)Einweisung und Kenntnis von der musikalischen Strichfassung. Von der Beigeladenen zu 1. wurde die Aushilfstätigkeit aufgrund des Abgrenzungskatalogs für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen als versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet. Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens stellte die Beklagte Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung fest.

Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat das Urteil sowie die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterlag. Er sei lediglich temporär für jeweils eine Vorstellung engagiert worden und nicht als Teil des Ensembles in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen. Es habe nur während der jeweiligen Aufführung eine zeitliche und örtliche Abhängigkeit bestanden. Anders als fest angestellte Opernchorsänger habe der Kläger nicht an Proben teilnehmen müssen. Den künstlerischen Vorgaben in Form der szenischen Sicherheitseinweisung und Klärung der musikalischen Strichfassung komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Rechtsprechung des BSG, die allein durch das Zusammenwirken mehrerer Musiker in einem Ensemble auf eine abhängige Beschäftigung schließe, sei für den vorliegenden Fall nicht zu folgen.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 7 SGB IV. Das LSG beschreibe lediglich die normalen Rahmenbedingungen eines jeden Bühnenkünstlers, der kurzfristig für einen anderen erkrankten Künstler einspringen und deshalb regelmäßig nicht an Proben teilnehmen könne. Auch komme es nicht auf die häusliche Vorbereitung, sondern allein auf die Verhältnisse nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots an. An beiden Vorstellungsabenden habe wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble sowie hinsichtlich Maske und Kostüm eine signifikante Weisungsgebundenheit vorgelegen. Der Kläger habe auch kein Unternehmerrisiko getragen.

Sozialgericht Kassel - S 12 KR 86/13
Hessisches Landessozialgericht - L 8 KR 386/14

Terminbericht

Der Senat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das LSG ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit am 23. und 30.12.2011 als Opernchoraushilfe für die zu 1. beigeladene GmbH nicht aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag. Er war gegenüber der Beigeladenen zu 1. nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Der von der Beigeladenen zu 1. für die Meldung des Klägers als abhängig Beschäftigter herangezogene Abgrenzungskatalog für ua im Bereich Theater tätige Personen enthält lediglich Beurteilungshilfen, bindet aber nicht die Sozialgerichte bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall. Vertraglich vereinbart war lediglich die Mitwirkung des Klägers als Choraushilfe während zwei Aufführungen nach einer kurzen szenischen Einweisung und Information über die musikalische Strichfassung. Die mit dem Auftritt zwingend einhergehende zeitliche und örtliche Abhängigkeit sowie eine gewisse Vorgabe der künstlerischen Darbietung ergeben sich aus der "Natur der Tätigkeit". Ein von der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble und der damit verbundenen Festlegung gewisser Eckpunkte der Aufführungen unabhängiges Weisungsrecht lag damit nicht vor. Der Kläger war auch nicht in die Arbeitsorganisation des Theaters an sich, sondern als Ersatzkraft in zwei bestimmte Aufführungen eingegliedert. Dabei stand nicht seine Arbeitskraft als Opernchorsänger, sondern in erster Linie seine mit der Kurzfristigkeit seines Einsatzes einhergehenden besonderen gesanglichen, künstlerisch-gestaltenden Fähigkeiten im Vordergrund. Dass der Kläger zudem nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, hat das LSG zu Recht als ein gegen eine abhängige Beschäftigung sprechendes Indiz berücksichtigt. Schließlich ist aufgrund der Eigenheiten der erbrachten künstlerischen Leistung weder ein erfolgsabhängiges Entgelt noch der Einsatz eigenen Kapitals zu erwarten.

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