Verhandlung B 12 KR 12/17 R
Verhandlungstermin
14.03.2018 12:30 Uhr
Terminvorschau
S. GmbH ./. DRV Bund und Beigeladene
Die Klägerin betreibt ein IT-Service-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Der Beigeladene zu 1., ein Datenbank-Administrator, bietet seit 2004 ebenfalls entsprechende Leistungen als Einzelunternehmer an. Im streitigen Zeitraum (13.5.2008 bis 18.9.2009) war er ausschließlich für die Klägerin tätig. Seine Tätigkeit für die Klägerin erfolgte im Rahmen von mehreren zeitlich begrenzten Einsätzen bei Drittunternehmen, den sog Endkunden. Den Einsätzen lagen jeweils schriftliche, als "Beauftragung" bezeichnete Einzelvereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zugrunde, in denen ua der Einsatzort und der geplante zeitliche Umfang festgehalten wurden. Die Projektleitung oblag bei allen Aufträgen einem IT-Unternehmen, mit dessen Betriebssystem die Endkunden ausgestattet waren. Der Beigeladene war in den Vereinbarungen ausdrücklich als "freier Mitarbeiter" bezeichnet.
Im Mai 2008 stellte der Beigeladene bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund den Antrag, im Hinblick auf seine bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit festzustellen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Die Beklagte stellte gegenüber dem Beigeladenen und der Klägerin im Mai 2009 fest, dass die Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde. Die Widersprüche der Klägerin und des Beigeladenen wies sie zurück, wobei sie unter Nennung der jeweiligen Auftragsnummern ausführte, sie beurteile die Tätigkeit im Rahmen zweier konkreter Vereinbarungen. Während des Klageverfahrens änderte die Beklagte ihre Bescheide dahingehend ab, dass in der ausgeübten Beschäftigung im gesamten Zeitraum vom 13.5.2008 bis 18.9.2009 Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestanden habe. Der Beigeladene hat im Klageverfahren seine Zustimmung zu einem späteren Versicherungsbeginn iS von § 7a Abs 6 SGB IV erklärt. Die Klage hatte vor dem SG teilweise Erfolg. Der Beigeladene sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden, seine Versicherungspflicht sei jedoch erst mit Bekanntgabe der (ersten) Entscheidung der Beklagten im Mai 2009 eingetreten. Es sei nicht erforderlich, dass seine private Krankenversicherung (PKV) auch einen Anspruch auf Krankengeld (Krg) umfasse. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Anders als vom SG angenommen, sei es für eine ausreichende Absicherung gegen das Risiko von Krankheit nicht ausreichend, wenn der Schutz der PKV keinen Anspruch auf Krg oder eine vergleichbare Lohnersatzleistung umfasse.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV und von § 7a Abs 6 SGB IV. Sie wendet sich gegen die Annahme von Versicherungspflicht, da der Beigeladene bei ihr nicht abhängig beschäftigt gewesen sei. Er sei insbesondere nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, da er nicht an ihrem Betriebssitz, sondern beim Endkunden tätig gewesen sei. Die vertragliche Leistungsbeschreibung sei ausreichend und bedürfe keiner weiteren Konkretisierung. Eine gewisse Unbestimmtheit ergebe sich aus der Natur der Sache einer Beratungsleistung, die ein Spezialist erbringen solle. Ein etwaiges Weisungsrecht hätte mangels Vorliegen der erforderlichen Fachkenntnisse von der Klägerin gar nicht ausgeübt werden können. Es habe auch hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort nicht vorgelegen. Das LSG habe das Kriterium des unternehmerischen Risikos überbewertet. Bei Dienstleistungen sei das Fehlen größerer Investitionen kein gewichtiges Indiz. Jedenfalls sei mit dem SG von einem späteren Beginn der Versicherungspflicht auszugehen.
Sozialgericht Dresden - S 25 KR 225/10
Sächsisches Landessozialgericht - L 1 KR 46/13
Terminbericht
Der Senat hat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichten für eine abschließende Entscheidung über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. nicht aus. Zwar ist es nicht erforderlich, im Urteil des LSG den gesamten schriftlichen Vertrag wörtlich wiederzugeben; es reicht die Darstellung des wesentlichen Inhalts, verbunden mit einer konkreten Bezugnahme auf den in den Verwaltungs- bzw SG-Akten befindlichen Vertragstext. Allerdings beschränkt sich das LSG im Wesentlichen darauf, den Beteiligtenvortrag aus dem Verwaltungs- und erstinstanzlichen Gerichtsverfahren in indirekter Rede und die Entscheidungsgründe des SG vollständig wörtlich zu zitieren ("copy and paste"). Festgestellt sind aber nur Tatsachen, die das Gericht selbst erkennbar für zutreffend erachtet, sich zu Eigen macht und daher seiner rechtlichen Überzeugungsbildung zu Grunde legt. Es genügt nicht, wenn der Vortrag der Beteiligten nur inhaltlich referiert wird. Auch die wörtliche Übernahme des Textes der Entscheidungsgründe des SG lässt nicht den Rückschluss zu, welche der dort aufgeführten Tatsachen das LSG seiner Entscheidung aufgrund eigener Erkenntnis zugrunde gelegt hat. Denn der vom LSG unkommentiert wiedergegebene Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen zu 1. weicht teilweise von den Tatsachen ab, die das SG bei seiner Entscheidung angenommen hat.
Das LSG muss nach Zurückverweisung angesichts des Streitgegenstandes (Statusfeststellungsverfahren) zwar nur prüfen, ob ein Beschäftigungsverhältnis gerade zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin vorlag. Diese Prüfung schließt es aber nicht aus, auch die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Endkunden sowie einen beim Endkunden tätig gewordenen Dienstleister zu betrachten, mit dessen Beschäftigten der Beigeladene zu 1) zusammengearbeitet hat. Dabei ist insbesondere zu klären, ob und ggf welche Weisungen der Beigeladene von der Klägerin bzw in deren Absprache mit dem Dienstleister von letzterem erhalten oder ob die Klägerin ggf ihr Weisungsrecht an diesen Dienstleister abgetreten hat.