Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 3/17 R

Verhandlungstermin 14.03.2018 15:30 Uhr

Terminvorschau

Stadt A. ./. DRV Bund und Beigeladene
Die klagende Stadt betreibt eine kommunale Musikschule, in der sie im Juni 2012 18 angestellte Musiklehrer einschließlich der Schulleitung sowie zwei Verwaltungskräfte beschäftigte. Daneben beauftragte die Klägerin auf honorarvertraglicher Grundlage zehn Musikschullehrer, darunter den Beigeladenen zu 1., der seit 2011 in Zeiträumen von jeweils zwischen rund drei und rund sechs Monaten Unterrichtsleistungen im Musikschulfach Gitarre im Umfang von etwa 8 bis 12 Stunden pro Woche in Unterrichtsräumen der Musikschule unterrichtete. Neben dieser Tätigkeit stand der Beigeladene zu 1. bei einer anderen Musikschule in einem abhängigen (Teilzeit )Beschäftigungsverhältnis. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund stellte im Rahmen eines vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahrens gegenüber ihm und der Klägerin fest, dass er in seinen Tätigkeiten bei der Musikschule aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege.

Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hiergegen blieben ohne Erfolg. Der Beigeladene zu 1. habe Weisungen der Klägerin unterlegen: in inhaltlicher Hinsicht wegen der Pflicht zur Beachtung des Lehrplanwerks des Verbandes deutscher Musikschulen e.V., in örtlicher Hinsicht wegen der Nutzung der Unterrichtsräume und in zeitlicher Hinsicht, da er sich in einem eng geschnürten Korsett befunden habe. Darüber hinaus sei er auch in die für ihn fremde, einseitig von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Auf das Vertragsverhältnis zwischen Schüler und Musikschule habe er keinen Einfluss nehmen können.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Konkrete Weisungen seien dem Beigeladenen zu 1. nie erteilt worden, vor allem begründe der zu beachtende Lehrplan keine persönliche Abhängigkeit, sondern formuliere lediglich Inhalte und Lernziele des Unterrichts.

Sozialgericht Münster - S 14 R 303/12
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 8 R 761/14

Terminbericht

Auf die Revision der klagenden Stadt hat der Senat die Entscheidungen der Vorinstanzen sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Der beigeladene Musikschullehrer unterlag nicht als Beschäftigter der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Zwischen der Musikschule und dem Musikschullehrer war kein Arbeits(vertrags)verhältnis, sondern nach übereinstimmendem Willen ein (freies) Dienstverhältnis begründet worden. Ein erhebliches Ungleichgewicht der Verhandlungspositionen oder eine Ausnutzung besonderer Umstände des Musikschullehrers (denkbar wären zB geschäftliche Unerfahrenheit, Ausnutzung einer akuten Zwangslage bzw Notsituation) liegen nicht vor. Das (freie) Dienstverhältnis stand nicht nur "auf dem Papier", sondern wurde tatsächlich gelebt. Auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung sprechen gewichtigere Gesichtspunkte mehr gegen eine abhängige Beschäftigung als dafür. Der Musikschullehrer verrichtete den Musikunterricht nicht in persönlicher Abhängigkeit. Konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen lagen nach den Feststellungen des LSG nicht vor. Weisungen hinsichtlich Zeit und Ort der Durchführung der Tätigkeit gab es nur als Rahmenvorgaben. So wurden den Lehrern bei der Festlegung der Unterrichtszeiten zwar Rahmenzeiten und Unterrichtsräume zugewiesen. Auch waren die Unterrichtszeiten einzuhalten und ausgefallene Stunden in Absprache mit der Musikschule nachzuholen. Jedoch war es Sache der Lehrkräfte, innerhalb eines bestimmten Zeitfensters Unterrichtseinheiten mit den Schülern bzw deren Eltern frei zu vereinbaren. Eine Weisungsunterworfenheit des Musikschullehrers im Wege einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" liegt ebenfalls nicht vor. Eine solche ergibt sich nicht daraus, dass er das Lehrplanwerk des Verbandes deutscher Musikschulen e.V. zu beachten und einzuhalten hatte. Hierbei handelte es sich nur um Rahmenvorgaben. Darüber hinaus hatte der Musikschullehrer zwar auf das Vertragsverhältnis zwischen Musikschule und Schülern keinen Einfluss. Ihm kam allerdings das Recht zu, einzelne Schüler abzulehnen. Auch stand ihm die Teilnahme an Planungskonferenzen für Konzerte frei. Für eine Teilnahme daran erhielt er eine gesonderte Vergütung. Weitere Indizien runden das Gesamtbild einer fehlenden abhängigen Beschäftigung ab: So hatte der Musikschullehrer keine Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch insoweit bestehen - wie hinsichtlich des Vertragsschlusses insgesamt - keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Regelungen aufgrund eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen oder unter Ausnutzung besonderer Umstände des Musikschullehrers erfolgt sind.

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