Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 4/17 R

Verhandlungstermin 20.03.2018 10:00 Uhr

Terminvorschau

F. M. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1937 geborene Kläger leidet unter zum Teil jährlich mehrfach rezidivierenden, seit 1998 nur noch stationär behandelten Pneumonien (insgesamt mehr als 30 Krankenhausaufenthalte). Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) behandelt ihn seit 1998 - abgesehen von einer mehrmonatigen Unterbrechung 2009/2010 - fortlaufend auch in den infektfreien Intervallen ambulant mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG), um die Häufigkeit und Schwere der Infekte wegen seines Antikörpermangelsyndroms (Immunglobulinmangel bei monoklonaler Gammopathie unbestimmter Signifikanz) zu reduzieren. Da die Beklagte - fachkundig beraten - keine akut lebensbedrohliche, regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung sah, teilte sie der MHH mit, sie dürfe die IVIG-Behandlung nicht mehr zu ihren Lasten fortführen und lehnte den dahingehenden Antrag des Klägers ab. Nach Klageerhebung hat das LSG die Beklagte verpflichtet, vorläufig die Kosten von IVIG zu tragen. Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Beklagte verurteilt, den Kläger mit IVIG-Fertigarzneimitteln nach ärztlicher Verordnung zu versorgen: Dem Kläger stehe der Anspruch aus grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts zu. Die erhöhte Infektanfälligkeit mit nicht alterstypischer Häufung von schwersten rezidivierenden Pneumonien des Klägers sei lebensbedrohlich. Ihr wirke IVIG entgegen. Das Risiko mit etwaiger Todesfolge, die Therapie mit IVIG abzusetzen und auf eine ausschließliche Antibiotikatherapie umzustellen, sei nicht abschätzbar. Es gebe keine Standardtherapie.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von Art 2 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG iVm § 2, § 27 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 1 und 3 SGB V, § 31 Abs 1 S 1 SGB V iVm § 21 Abs 1 AMG (bis 31.12.2011), Art 2 Abs 1a SGB V (ab 1.1.2012) sowie von § 136 Abs 1 Nr 6 iVm § 128 Abs 1 S 2 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 103 SGG.

Sozialgericht Hannover - S 39 KN 47/09 KR
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 4 KR 456/14

Terminbericht

Die Revision der beklagten Krankenkasse (KK) ist im Sinne der Zurückverweisung erfolgreich gewesen. IVIG-Fertigarzneimittel sind für die Erkrankung des Klägers nicht zugelassen. Für einen Off‑Label‑Use fehlt der erforderliche Wirksamkeitsnachweis. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung mit IVIG-Fertigarzneimitteln nach den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts hat. Die hierfür erforderliche lebensbedrohliche Erkrankung setzt voraus, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit nach den konkreten Umständen des Falles verwirklichen wird. Ferner darf keine Standardtherapie zur Verfügung stehen. Die Feststellungen des LSG zur Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Klägers sind widersprüchlich. Das LSG hat auch nicht festgestellt, dass Antibiotikaprophylaxe keine ausreichende Standardtherapie ist. Es wird diese Feststellungen nachzuholen haben.

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