Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 44/16 R

Verhandlungstermin 21.03.2018 13:30 Uhr

Terminvorschau

AOK Bayern ./. Bayerischer Hausärzteverband e.V.
Die klagende Krankenkasse macht gegenüber dem beklagten Hausärzteverband die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Schiedsspruchs geltend, mit dem eine Schiedsperson einen Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V festgesetzt hat.

Die Klägerin hatte einen im Jahr 2009 für Bayern geschlossenen HzV-Vertrag außerordentlich zum Ende des Jahres 2010 gekündigt, nachdem der Vorstand des Beklagten die Hausärzte zum "Systemausstieg" aufgerufen hatte. Anschließend konnten sich die Beteiligten nicht auf einen neuen HzV-Vertrag einigen. Der Vertragsinhalt wurde daraufhin im Februar 2012 von einer Schiedsperson festgesetzt.

Die Klägerin hält den von der Schiedsperson festgesetzten HzV-Vertrag ua wegen Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für rechtswidrig und außerdem für unbillig. Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben. Auf die Einhaltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität komme es aufgrund der anzuwendenden Übergangsregelung für Anschlussvereinbarungen nicht an und auch im Übrigen sei der Vertrag rechtmäßig.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass der Vertrag nicht nur am Maßstab der Rechtmäßigkeit, sondern auch auf Unbilligkeit zu prüfen sei. Entgegen der Auffassung des LSG komme der Grundsatz der Beitragssatzstabilität hier zur Anwendung, weil keine Anschlussvereinbarung vorliege, sodass die gesetzliche Übergangsregelung nicht einschlägig sei. Außerdem verletze der Vertrag ua das Wirtschaftlichkeitsgebot, das Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs sowie datenschutzrechtliche Vorgaben. Weil die Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch einen separaten Vertrag sichergestellt werde, hätte dieser Personenkreis von der Teilnahme am HzV-Vertrag ausgeschlossen werden müssen.

Sozialgericht München - S 28 KA 696/12
Bayerisches Landessozialgericht - L 12 KA 149/14

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt hat, dass der im Jahr 2012 von der Schiedsperson für Bayern festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV-Vertrag) gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität verstoßen habe, ist die Klage bereits unzulässig, weil das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt: Der streitbefangene Vertrag ist bereits vollständig umgesetzt und inzwischen durch einen Folgevertrag (vgl. nachfolgend 5.) abgelöst worden. Da der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für den Bereich der hausarztzentrierten Versorgung schon seit dem 1.4.2014 nicht mehr gilt, besteht insoweit auch keine Wiederholungsgefahr. Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den beklagten Hausarztverband oder gegen teilnehmende Vertragsärzte, die mit einer Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität begründet werden könnten, kommen nicht in Betracht. Effektiven Rechtsschutz mit der Möglichkeit, auch Verstöße gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität geltend zu machen, hätte die Klägerin im gerichtlichen Eilverfahren erlangen können; davon hat sie keinen Gebrauch gemacht.

Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit des HzV-Vertrags in einer Reihe weiterer Punkte geltend gemacht hat, war die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet. Ihren weiten Gestaltungsspielraum hat die Schiedsperson bei der Ausgestaltung des Vertrags nicht verletzt. Der Umstand, dass der HzV-Vertrag - in der Regelversorgung nicht oder nicht in vergleichbarer Höhe vorgesehene - Vergütungspositionen etwa für die Arzneimitteloptimierung der Versicherten oder für die Behandlung chronisch Kranker enthält, begründet keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Einschätzung der Schiedsperson, dass damit ein besonderer Behandlungsaufwand im Rahmen der HzV abgegolten werde und dass auf eine zielgenauere und damit potenziell günstigere Verordnung von Arzneimitteln hingewirkt werde, ist jedenfalls nicht ganz fernliegend.

Auch die von der Klägerin geltend gemachten Verstöße ua gegen das Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs und gegen datenschutzrechtliche Vorgaben liegen nicht vor. Des Weiteren bestand keine Verpflichtung der Schiedsperson, Kinder und Jugendliche von der Teilnahme am HzV-Vertrag auszuschließen. Zwar hat die Klägerin für Bayern einen "Vertrag zur Durchführung der pädiatrie-zentrierten Versorgung" durch Kinderärzte geschlossen. Kinder und Jugendliche werden aber nicht nur von Kinderärzten, sondern auch von Hausärzten behandelt, und gerade im ländlichen Raum besteht dafür auch ein praktisches Bedürfnis.

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