Bundessozialgericht

Verhandlung B 4 AS 29/17 R

Verhandlungstermin 25.04.2018 11:00 Uhr

Terminvorschau

A.K. ./. Jobcenter Arbeit und Grundsicherung Leverkusen
Umstritten ist die Rücknahme von Alg II-Bewilligungen und die Erstattung von circa 31 000 Euro.

Der 1967 geborene, alleinstehende Kläger bezog zwischen Juni 2006 und Oktober 2013 vom beklagten Jobcenter Alg II. Bei seinem Erstantrag gab er zwar Giro- und Sparkonten über circa 2700 Euro an sowie einen Pkw mit einem Wert von 1000 Euro, nicht aber ein weiteres Sparkonto mit circa 10 000 Euro. Sein Gesamtvermögen lag in der strittigen Zeit nach den Feststellungen des LSG zwischen circa 12 600 und nicht ganz 19 000 Euro. Durch einen Datenabgleich und eine Nachfrage beim Kläger erhielt der Beklagte im Herbst 2013 Kenntnis von dem Sparbuch. Nach Anhörung des Klägers nahm der Beklagte die Bewilligungsbescheide für die genannte Zeit zurück und forderte die Erstattung von circa 31 000 Euro unter Einbeziehung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Das SG hat den Rücknahme- und Erstattungsbescheid unter Abweisung der Klage im Übrigen aufgehoben, soweit die Erstattungsforderung den Betrag übersteigt, der sich aus 10 061,88 Euro abzüglich des für den Kläger im streitigen Zeitraum geltenden Freibetrags ergebe. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil geändert und die Klage vollständig abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtlich nicht zu beanstanden, Billigkeitserwägungen seien bei seiner Überprüfung ausgeschlossen. Besonderen Härten könne im Rahmen eines Erlasses nach § 44 SGB II Rechnung getragen werden.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 45 SGB X, § 330 Abs 2 SGB III, weil eine Ermessensausübung unter Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen habe stattfinden müssen.

Sozialgericht Düsseldorf - S 18 AS 1257/14
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 395/16

Terminbericht

Die Revision des Klägers ist zurückzuweisen gewesen. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid des beklagten Jobcenters ist rechtmäßig, auch wenn der zu erstattende Betrag von circa 31 000 Euro das Gesamtvermögen des Klägers übersteigt.

Der Rücknahmeverwaltungsakt ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger sich nicht auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2, 3 SGB X berufen kann, da er ein Sparbuch über circa 10 000 Euro gegenüber dem Beklagten verschwiegen hatte. Dadurch hatte er während der gesamten Zeit ein Vermögen oberhalb seines Freibetrags und war nicht hilfebedürftig nach dem SGB II. In solchen Fällen ist das Jobcenter ohne dass ihm Ermessen eingeräumt wäre gezwungen, die ursprünglichen Bewilligungen nach § 40 Abs 2 SGB II iVm § 330 Abs 2 SGB III zurückzunehmen. Durchgreifende normative Ansatzpunkte für die Berücksichtigung eines fiktiven Vermögensverbrauchs oder einer besonderen Härte (zB nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alternative 2 SGB II) sind nicht zu erkennen.

Für den Erstattungsverwaltungsakt nach § 50 Abs 1 SGB X gilt im Ergebnis nichts Anderes. Überlegungen für eine Reduzierung der Erstattungsforderung aus Härtegründen (vgl zB § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 Alternative 2, § 34 Abs 1 Satz 6 SGB II) greifen nicht durch, zumal der Gesetzgeber für bestimmte Konstellationen eine solche Regelung in § 40 Abs 9 SGB II aF getroffen hatte, die gerade die Fälle des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X ausschloss.

Auch aus dem Sinn und Zweck des SGB II und aus Verfassungsrecht folgen keine Gründe zu einer Korrektur des Rücknahme- und Erstattungsbescheids im Hinblick auf die sich ggf ergebende Überschuldung. Um dieser Situation Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber vielmehr in § 44 SGB II die Leistungsträger ermächtigt, Ansprüche (ggf teilweise) zu erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre, worüber der Beklagte vorliegend noch zu entscheiden hat.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK