Verhandlung B 14 AS 14/17 R
Verhandlungstermin
25.04.2018 14:00 Uhr
Terminvorschau
C. P. ./. Jobcenter Landkreis Osterholz
Umstritten ist die Höhe der Leistungen für die Unterkunft und Heizung vom 1.4. bis zum 30.9.2012.
Die Klägerin und ihre 1996 geborene Tochter lebten in einer 3-Zimmer-Wohung, für die eine Brutto-Kaltmiete von 430 Euro sowie Heizkosten von 75 Euro monatlich zu zahlen waren. Das beklagte Jobcenter übernahm seit Anfang 2007 nur die - aus seiner Sicht - angemessenen 341 Euro für die Unterkunft. Unterhalt, Wohngeld und Kindergeld berücksichtigte der Beklagte als bedarfsdeckendes Einkommen der Tochter. Der Klägerin bewilligte er für die Unterkunft 193,60 Euro und mit der Heizung insgesamt 231,10 Euro. Den Betrag für die Unterkunft leitete er aus dem Tabellenwert für einen Zwei-Personenhaushalt im Wohnort der Klägerin nach dem WoGG plus 10 % ab und teilte diesen durch zwei.
Vor SG und LSG ist die Klägerin erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, das Bestehen oder Nichtbestehen einer Bedarfsgemeinschaft von Mutter und Tochter hänge von den Einkommensverhältnissen der Letzteren ab, die sich jederzeit ändern könnten. Eine Bedarfsgemeinschaft könne in solchen Fallkonstellationen nicht generalisierend verneint werden, zumal auch hinsichtlich der Wohnverhältnisse nicht zwei Ein-Personenhaushalte angenommen werden könnten.
In ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, weil sie mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe.
Sozialgericht Stade - S 32 AS 272/16 WA
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 13 AS 224/16
Terminbericht
Auf die Revision der Klägerin sind die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und der Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 zu verurteilen gewesen, der Klägerin für Juni 2012, der nach einem Teilvergleich allein strittig geblieben ist, Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen von 252,50 Euro zu zahlen.
Als Leistungen für die Unterkunft und Heizung sind Alg II-Empfängern die entsprechenden tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Bei mehreren Personen, die eine Wohnung gemeinsam bewohnen, hat grundsätzlich eine Aufteilung der gesamten Aufwendungen nach Kopfteilen zu erfolgen (vgl BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R). Dies sind vorliegend pro Person 215 Euro für die Unterkunft und 37,50 Euro für die Heizung.
Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen ist im Rahmen der Produkttheorie hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße von den Werten des sozialen Wohnungsbaus auszugehen. In diesem Rahmen richtet sich die angemessene Wohnungsgröße nicht nach der Zahl der Bewohner, sondern allein nach der Zahl der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, auch wenn alle Bewohner einer Familie angehören (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 34).
Durchschlagende rechtliche Gründe für eine Ausnahme bei einer Alleinerziehenden, die mit ihrem minderjährigen Kind zusammenlebt, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit ihr keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II bildet, liegen nicht vor. Die vom LSG angeführten Überlegungen (jederzeitige Änderung in den Einkommensverhältnissen, Abstellen auf die Wohnverhältnisse) gelten auch für andere Konstellationen und erfordern keine Korrektur der auf die Bedarfsgemeinschaft Bezug nehmenden Rechtsprechung.