Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 11/17 R

Verhandlungstermin 03.05.2018 12:30 Uhr

Terminvorschau

R.-P. GmbH ./. BA, 1 Beigeladene
Die Klägerin, die eine gewerbliche Personalvermittlung betreibt, begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vergütung von 1000 Euro aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS). Die Beklagte erteilte der Beigeladenen am 17.9.2012 einen AVGS, der zu Auswahl "eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung)" berechtigte und den die Beigeladene der Klägerin vorlegte. Dieser AVGS enthielt unter anderem mit "Nebenbestimmungen" überschriebene Hinweise zur zeitlichen Befristung der Zusicherung ("Gültigkeitsdauer" vom 19.9.2012 bis zum 6.10.2012) und zur Vermittlungsvergütung. Am 24.10.2012 schlossen die Klägerin und die Beigeladene eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung. Unter dem 12.2.2013 bestätigte eine Arbeitgeberin, dass sie auf Vermittlung der Klägerin am 4.10.2012 mit der Beigeladenen einen Arbeitsvertrag über eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden für die Dauer vom 29.10.2012 bis zum 29.4.2013 geschlossen habe. Das Beschäftigungsverhältnis bestand ununterbrochen vom 29.10.2012 bis zum 10.1.2013.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Zahlung der ersten Rate von 1000 Euro für die Vermittlung der Beigeladenen ab. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, zum einen sei der nach § 296 Abs 1 Satz 1 SGB III erforderliche schriftliche Vermittlungsvertrag vom 24.10.2012 für den zuvor vereinbarten Arbeitsvertrag nicht kausal geworden. Zum anderen habe die Beigeladene nicht innerhalb des Geltungszeitraums des AVGS die Beschäftigung tatsächlich aufgenommen.

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision macht die Klägerin eine Verletzung von § 45 SGB III und § 296 SGB III geltend. Der von § 45 SGB III vorausgesetzte Vergütungsanspruch beruhe auf dem Vermittlungserfolg, der bereits - wie von § 296 Abs 2 SGB III bestimmt - mit dem abgeschlossenen Arbeitsvertrag vorliege. Darauf, dass der schriftliche Vermittlungsvertrag erst nach Abschluss des vermittelten Arbeitsvertrags unterzeichnet worden sei, komme es nicht an, weil nach § 141 Abs 1 BGB von einer Bestätigung der mündlichen Absprache auszugehen sei. Nach § 141 Abs 2 BGB sei auch die Beklagte auf der Grundlage des AVGS einstandspflichtig.

Sozialgericht Chemnitz - S 24 AL 512/13
Sächsisches Landessozialgericht - L 3 AL 124/14

Terminbericht

Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist Rechtsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Bundesagentur § 45 SGB III. Zuvor bestimmte schon § 421g Abs 1 Satz 4 SGB III aF seinem Wortlaut nach eine ausdrückliche Pflicht der Bundesagentur, den Vergütungsanspruch des vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers gegen den Arbeitnehmer zu erfüllen. Demgegenüber verweist § 45 Abs 6 Satz 2 SGB III allein auf die entsprechende Anwendung von § 83 Abs 2 SGB III. Dieser regelt die Zahlung von Weiterbildungskosten und ermächtigt die Bundesagentur zur unmittelbaren Zahlung von Leistungen an Maßnahmeträger, stellt diese Entscheidung jedoch in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde. Doch ist eine rechtsfehlerfreie Ablehnung einer Auszahlung des Vergütungsanspruchs an den Arbeitsvermittler ausgeschlossen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs vorliegen. In diesem Fall steht dem privaten Arbeitsvermittler unmittelbar die Gewährung der Leistung zu. Jede andere Entscheidung wäre ermessensfehlerhaft.

Allerdings liegen hier die Anspruchsvoraussetzungen des geltend gemachten Vergütungsanspruchs nicht vor. Es fehlt bereits an einem vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossenen schriftlichen Vermittlungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. Gemäß § 296 Abs 1 SGB III bedarf ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einer oder einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form. Wird die erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist die Vereinbarung nach § 297 Nr 1 Alt 3 SGB III unwirksam. Die Klägerin und die Beigeladene haben eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung erst am 24.10.2012 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beigeladene bereits mit einer Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag - nämlich am 4.10.2012 - vereinbart. Dies soll zwar auf Vermittlung der Klägerin erfolgt sein. Vor Beginn der Vermittlungsaktivitäten der Klägerin hat ein schriftlicher Vermittlungsvertrag danach aber noch nicht vorgelegen. Die spätere schriftliche Vereinbarung vermag dies nicht zu ersetzen. Dem steht neben dem Wortlaut auch der Zweck der in § 296 Abs 1 Satz 1 SGB III angeordneten Schriftform entgegen, nämlich den Arbeitsuchenden vor der Ausnutzung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Notlage sowie seiner Unerfahrenheit zu schützen und diesem im Sinne einer Warn- und Transparenzfunktion zu verdeutlichen, welche Verpflichtungen ihn im Falle der Beauftragung eines privaten Arbeitsvermittlers treffen. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus § 141 BGB nichts anderes, denn diese Vorschrift ist neben den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des SGB III nicht anwendbar.

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