Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 45/16 R

Verhandlungstermin 16.05.2018 10:30 Uhr

Terminvorschau

Universitätsklinikum Heidelberg ./. AOK Rheinland-Pfalz
Zwischen dem klagenden Universitätsklinikum Heidelberg und der beklagten AOK Rheinland-Pfalz ist umstritten, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger eine Vergütung für die Durchführung von Laborleistungen im Rahmen des sog Neugeborenen-Screenings in den Jahren 2005 bis 2011 schuldet.

Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Versorgung von Neugeborenen werden diese regelmäßig auf bestimmte Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen untersucht. Die dazu erforderlichen Laboruntersuchungen dürfen nur in anerkannten Screening-Laboren durchgeführt werden. Der Kläger unterhält ein solches, während sich jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum im Bezirk der beklagten Krankenkasse (KK) kein geeignetes Labor befand. Deshalb ließen die Krankenhäuser (auch) aus Rheinland-Pfalz mit hauptamtlich geführten geburtshilflichen Abteilungen die Leistungen beim Kläger durchführen. Die erbrachten Leistungen stellte die Klägerin dem Krankenhaus in Rechnung, das den Auftrag erteilt hatte. Darüber besteht kein Streit. Soweit Kinder jedoch nicht in hauptamtlich geführten Krankenhausabteilungen, sondern in gynäkologischen Belegabteilungen geboren wurden, veranlassten die verantwortlichen Belegärzte die Durchführung der Laboruntersuchungen beim Kläger, der sie der Beklagten als KK der Mutter bzw des neugeborenen Kindes in Rechnung stellte.

Die Beklagte lehnte eine Vergütung der ihr in Rechnung gestellten Laboruntersuchungen mit der Begründung ab, dass es sich insoweit um Krankenhausleistungen handele, die sie mit der Vergütung für die belegärztlich durchgeführte Geburt bereits bezahlt habe; die Screening-Leistungen müssten zwischen dem Belegkrankenhaus und dem Kläger abgerechnet werden. Im Übrigen sei der Anspruch jedenfalls überhöht, vor allem soweit der Kläger für die Leistungen im Jahr 2005 pro Fall ca 69 € fordere und damit mehr als das Zehnfache dessen, was er den Krankenhäusern für dieselbe Untersuchung berechnet habe.

Das SG hat die Leistungsklage mit der Begründung abgewiesen, zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehe kein Vertrag im Sinne des § 120 Abs 2 SGB V, und ohne eine solche Vereinbarung fehle es an einer Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch. Dem hat sich das LSG angeschlossen.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Vereinbarung, die er mit den Verbänden der KKn in Baden-Württemberg geschlossen habe, gelte auch für Leistungen, die er gegenüber Versicherten anderer Krankenkassen erbracht habe. Ausdrücklich klargestellt habe der Gesetzgeber das erst im April 2017 durch eine Ergänzung des § 120 Abs 2 SGB V, doch könne für die Zeit davor nichts anderes gelten. Die Beklagte müsse die Leistungen auch der Höhe nach so vergüten, wie es mit den Verbänden der KKn in Baden-Württemberg für die einzelnen Jahre vereinbart worden sei. Auf den Preis, den die Krankenhäuser entrichtet hätten, komme es nicht an.

Sozialgericht Mannheim - S 6 KR 4340/09
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 268/15

Terminbericht

Die Revision des klagenden Universitätsklinikums war überwiegend erfolgreich.

Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der zu Gunsten von Versicherten der beklagten AOK durchgeführten Laborleistungen im Rahmen des Neugeborenen-Screenings. Rechtsgrundlage ist der Vertrag, den der Kläger mit den Landesverbänden der Krankenkassen in Baden-Württemberg auf der Grundlage des § 120 Abs 2 SGB V geschlossen hat. Dieser Vertrag gilt grundsätzlich auch zu Lasten von Krankenkassen, deren Landesverbände ihren Sitz außerhalb von Baden-Württemberg haben. Das hat der Gesetzgeber durch eine im April 2017 in Kraft getretene Änderung des § 120 Abs 2 SGB V mit Wirkung für die Zukunft ausdrücklich so geregelt. Das hat aber in der Sache auch schon zuvor so gegolten.

Der Höhe nach ist die Klage allerdings nur für die Jahre 2006 bis 2011 in vollem Umfang begründet. Die Beklagte muss die Laborleistungen (Nr 01708 EBM-Ä) mit den Beträgen vergüten, die sich aus der Multiplikation der Punktzahl mit dem bundesweiten Orientierungswert ergeben (11,44 €, ab 2009 10,40 €). Darüber besteht auch kein Streit. Für 2005 hatten die Partner der Vertrages in Baden-Württemberg eine Vergütung der Leistungen mit der allgemeinen Pauschale für die Hochschulkliniken in Höhe von ca 69 € pro Fall vereinbart. Insoweit entfaltet der Vertrag jedoch zu Lasten der Beklagten keine Wirkung, weil er ganz wesentlich von Vereinbarungen zum Budgetausgleich und zu Obergrenzen geprägt ist, die nur für Baden-Württemberg gelten können. Die somit fehlende Preisvereinbarung zwischen den Beteiligten ersetzt der Senat nach Billigkeit (§ 315 Abs 3 BGB), indem er die Beklagte verpflichtet, auch für die Leistungen aus dem Jahr 2005 die ab 2006 vereinbarte Vergütung von 11,44 € je Fall zu bezahlen. Auf den Betrag von 5,11 €, den der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten den Krankenhäusern angeboten hatte, kann nicht zurückgegriffen werden.

Die Verjährungseinrede der Beklagten für Forderungen aus dem Jahr 2008 greift nicht durch. Zinsen stehen dem Kläger nur in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz zu, nicht in Höhe von 8%-Punkten.

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