Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 V 4/17 R

Verhandlungstermin 14.06.2018 10:45 Uhr

Terminvorschau

B. G. und I. G. ./. Land Berlin
Die Klägerinnen sind als Erben Gesamtrechtsnachfolger des 2015 verstorbenen G., dem als Kriegsblinden Versorgungsleistungen zustanden, ua die erhöhte Pflegezulage. Zur Sicherstellung seiner Pflege hatte G. einen Arbeitsvertrag mit S. abgeschlossen, die bei Antritt des Arbeitsverhältnisses bereits eine Regelaltersrente bezog und von der Entrichtung des sog Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung befreit war. Das beklagte Land setzte die erhöhte Pflegezulage für die Monate Juni bis Dezember 2010 und Januar bis Dezember 2011 endgültig fest, ohne eine Kostenerstattung in Höhe eines "fiktiv" von S. zu tragenden Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu übernehmen (insgesamt 1743,18 Euro).

Die hiergegen gerichteten, verbundenen und von den Klägerinnen nach dem Tod des G. fortgeführten Klagen waren erfolgreich. Die Berufung des Beklagten hat das LSG zurückgewiesen. Für die Bestimmung der angemessenen Kosten der Pflege durch Dritte aufgrund eines Arbeitsvertrags böten die Arbeitsvertraglichen Richtlinien der Caritas eine geeignete Beurteilungsgrundlage. Ein Abschlag in Höhe eines "fiktiv" zu bestimmenden Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung bei Pflegekräften, die bereits Regelaltersrente bezögen, sei danach nicht vorzunehmen.

Mit der Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Auffassung des Berufungsgerichts widerspreche einem Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 2.11.2015 und führe zu einer unterschiedlichen Praxis in den Bundesländern.

Sozialgericht Berlin - S 199 VE 73/15
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 VE 2/17

Terminbericht

Die Revision des beklagten Landes war ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben den Beklagten zu Recht verurteilt, den Klägerinnen als Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen G die Kosten für die fiktiven Arbeitnehmerbeitragsanteile seiner berenteten Pflegekraft zu erstatten. Bei der erforderlichen Prüfung, ob für die angestellte Pflegekraft angemessene Kosten aufgewendet werden, dürfen grundsätzlich die Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (in ihrer jeweils gültigen Fassung) zugrunde gelegt werden. Im Fall ihrer Anwendung – wie hier - darf die Versorgungsverwaltung dann aber von deren Festlegungen auch nicht mehr ohne Weiteres abweichen (Bestätigung von BSG Urteil vom 18.9.2003 - B 9 V 12/01 R). Die Versicherungsfreiheit der Pflegekraft rechtfertigt keine Abweichung. Arbeitgeber versicherungsfreier Rentner werden zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und negativen Beschäftigungsanreizen sozialversicherungsrechtlich so gestellt als würden sie einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Anteil am arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttoarbeitsentgelt, der dem nicht mehr anfallenden Arbeitnehmerbeitragsanteil zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung entspricht, ist vom Arbeitgeber mangels "Entgeltabzugsbefugnis" an den beschäftigten Regelaltersrentner auszuzahlen, so dass sich bei gleichbleibendem Bruttoarbeitsentgelt lediglich dessen Nettoarbeitsentgelt entsprechend erhöht. Eine dieser Zielsetzung zuwiderlaufende versorgungsrechtliche Bestimmung ist rechtswidrig.

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