Bundessozialgericht

Verhandlung B 14 AS 20/17 R

Verhandlungstermin 09.08.2018 12:00 Uhr

Terminvorschau

G. S. ./. Jobcenter Kreis Plön
Umstritten ist die Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen wegen Unterschlagung als Einkommen.

Der Kläger bezog von Januar 2005 bis Februar 2010 und bezieht seit Februar 2011 erneut Alg II. 2002 hatte er ein Versäumnisurteil wegen der Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial auf Zahlung von 30 000 DM erwirkt, die der Schuldner nach einem 2009 geschlossenen Vergleich in monatlichen Raten von 150 Euro bis zur Gesamtsumme von 12 000 Euro abtragen soll. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte die Zahlungen im streitbefangenen Zeitraum von Januar bis Juni 2013 gemindert um Absetzbeträge als Einkommen.

Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen aus dem Vergleich zu gewähren. Die von ihm zugelassene Berufung hat das LSG zurückgewiesen: Die Raten aus dem Vergleich seien kein Einkommen, sondern Vermögen, weil die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung nicht als Einkommen zu qualifizieren sei, wenn sie lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstelle.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 11 SGB II. Eine aufgrund eines Vermögensschadens geleistete Entschädigung stelle Einkommen dar, wie schon im Umkehrschluss aus § 11a Abs 2 SGB II folge. Danach sei nur Schmerzensgeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zudem handele es sich bei den Zahlungen nicht um ein Surrogat für die abhandengekommenen Vermögensgegenstände, weil sie auf dem Vergleich von 2009 beruhten.

Sozialgericht Kiel - S 30 AS 626/14
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 6 AS 8/15

Terminbericht

Die Revision des Beklagten war erfolglos. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Zahlung auf eine Schadensersatzforderung wegen Unterschlagung nicht als Einkommen zu qualifizieren ist.

Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte. Demnach sollen erst in der Bedarfszeit hinzukommende Mittel von den Ausnahmen nach § 11a SGB II und den Absetzbeträgen nach § 11b SGB II abgesehen grundsätzlich vollständig zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden, während auf vorher Erlangtes nur zurückzugreifen ist, soweit es die Vermögensschongrenzen überschreitet.

Zahlungen zum Ersatz von Wertgegenständen, die jemand vor Antragstellung bereits hatte, sind danach dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen. Schon in der Rechtsprechung des BSG ua zur Arbeitslosenhilfe und des BVerwG zur Sozialhilfe war geklärt, dass bloße Vermögensumschichtungen keinen als Einkommen zu qualifizierenden Wertzuwachs begründen. Ebenso hat das BSG für das SGB II entschieden, dass ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen bleibt. Sind danach Geldzuflüsse aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten nicht als Einkommen zum Lebensunterhalt einzusetzen, so verhält es sich bei dem Wertersatz für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders; auch durch ihn erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte.

Nach diesen Maßstäben hat das LSG die Ratenzahlungen im streitbefangenen Zeitraum zutreffend nicht als Einkommen gewertet. Seinen mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen hat es entnommen, dass der Kläger von seinem Schuldner auf ein im März 2002 erwirktes Versäumnisurteil seit dem 1.1.2010 bis zu einem Gesamtbetrag von 12 000 Euro monatlich 150 Euro erhalten soll, wo-von 8000 Euro als Wertersatz für die Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial im Wert von 30 000 DM im Unterschlagungszeitpunkt und 4000 Euro als Ausgleich für Prozesszinsen bestimmt sind. Gründe, dieses Verständnis revisionsrechtlich zu korrigieren, sind nicht ersichtlich und vom Beklagten nicht geltend gemacht. Jedenfalls im hier streitigen Zeitraum gleichen die Zahlungen danach nur den Verlust von Vermögenswerten aus, die der Kläger vor dem Bezug von SGB II-Leistungen bereits hatte. Dass zwischen dem Wertverlust und den Zahlungen ein Zeitraum von über zehn Jahren liegt, steht dem nach Regelungskonzept des SGB II, nur Wertzuwächse als zur Bedarfs-deckung einzusetzendes Einkommen zu qualifizieren, nicht entgegen.

Eine Berücksichtigung der Zahlungen als Vermögen scheidet ebenfalls aus, weil die Schongrenzen insoweit nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG auch bei ihrer Berücksichtigung nicht erreicht sind.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK