Bundessozialgericht

Verhandlung B 4 AS 33/17 R

Verhandlungstermin 12.09.2018 11:00 Uhr

Terminvorschau

M.Ö. ./. Jobcenter Braunschweig, 1 Beigeladene
Umstritten ist die Übernahme von Passbeschaffungskosten.

Der 1966 geborene, in der strittigen Zeit alleinstehende und Alg II beziehende Kläger hat nur die türkische Staatsangehörigkeit und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG. Er beantragte im März 2015 eine Beihilfe zur Beschaffung eines neuen Reisepasses, weil der alte abgelaufen sei, und legte eine Bescheinigung des türkischen Konsulats über die von ihm gezahlte Gebühr von 217 Euro für Ausstellung eines solchen vor. Das beklagte Jobcenter lehnte den Antrag ab, weil die Kosten für die Ausstellung eines Passes im Regelbedarf enthalten seien und bot ein Darlehen an.

Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger eine einmalige Beihilfe über 217 Euro für die Kosten der Ausstellung eines neuen Reisepasses zu gewähren. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten nach Beiladung des örtlichen Sozialhilfeträgers das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwar komme kein Anspruch nach dem SGB II gegen den Beklagten wohl aber einer nach § 73 SGB XII gegen die beigeladene Stadt in Betracht, dieser scheitere jedoch daran, dass es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen sei, sich einen vorläufigen Reisepass zu beschaffen, der zur Erfüllung der Passpflicht genüge.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 21 Abs 6 SGB II, weil es sich bei dem Pass um einen laufenden Bedarf handele. Außerdem habe das LSG seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es ihm die Auskunft hinsichtlich des vorläufigen Reisepasses nicht vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht habe; im Übrigen bestehe hinsichtlich dieses Passes weiterer Aufklärungsbedarf.

Sozialgericht Braunschweig - S 50 AS 1857/15
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 7 AS 1794/15

Terminbericht

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG ist zurückgewiesen worden. Er hat weder gegen das beklagte Jobcenter noch hilfsweise gegen den beigeladenen Sozialhilfeträger Anspruch auf Übernahme der Kosten für seinen neuen türkischen Reisepass als Zuschuss.

Die Kosten für einen solchen Reisepass sind grundsätzlich im Regelbedarf nach § 20 SGB II enthalten, denn sie sind in dessen Ermittlung aufgrund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) nach dem vorliegend noch anzuwendenden RBEG 2011 eingeflossen. Die Abteilung 12 "Andere Waren und Dienstleistungen" der Regelbedarfsermittlung umfasst nach den der EVS zugrunde liegenden Ausfüllhinweisen ua zahlreiche sonstige Dienstleistungen, einschließlich der Kosten für Personalausweis und Reisepass. Berücksichtigt bei der Ermittlung der monatlichen Verbrauchsausgaben wurden für diese Position 25 Cent im Hinblick auf die Kosten eines Personalausweises von circa 30 Euro. Soweit die Kosten bei ausländischen Pässen höher liegen, sind diese aufgrund des pauschalierten Systems der Regelbedarfsermittlung und –zahlung durch interne Ausgleiche abzufangen. Des Weiteren kann ein Darlehen nach § 24 Abs 1 SGB II beantragt werden, was der Kläger indes nicht begehrt hat.

Inwieweit bei extrem hohen Kosten für die Beschaffung eines Passes, um der Ausweispflicht nach § 3 Abs 1 Satz 1 AufenthG zu genügen, zusätzliche Ansprüche oder die verfassungskonforme Auslegung bestehender Regelungen in Betracht kommen (vgl BVerfG vom 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34, RdNr 116 ff), kann angesichts des vorliegend geltend gemachten Betrags von 217 Euro dahinstehen. Ebenfalls kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt einen Bedarf in dieser Höhe hatte, was das LSG verneint hat, wogegen der Kläger aber Verfahrensrügen erhoben hat.

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