Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 V 2/17 R

Verhandlungstermin 27.09.2018 10:30 Uhr

Terminvorschau

C. S. ./. Land Schleswig-Holstein, beigeladen Bundesrepublik Deutschland
Der 1947 in Kasachstan in der damaligen Sowjetunion geborene Kläger ist als Spätaussiedler anerkannt und lebt seit 1996 in Deutschland. Seine Eltern waren Wolgadeutsche und wurden im Jahr 1941 nach Kasachstan in eine im Gebiet Semipalatinsk gelegene Sondersiedlung zwangsweise umgesiedelt. In dieser Region befand sich das Atomwaffentestgelände der Sowjetunion, die dort von 1949 bis 1991 nukleare Bombentests durchführte. Der Kläger und seine Eltern standen bis 1956 unter sowjetischer Kommandanturaufsicht und durften die Sondersiedlung ohne behördliche Genehmigung unter Strafandrohung nicht verlassen.

Im Oktober 2008 beantragte der Kläger beim beklagten Land Versorgung. Aufgrund der Strahlenbelastung sei es bei ihm zu dauerhaften Gesundheitsstörungen gekommen. Auch nach Aufhebung der Kommandanturaufsicht sei es ihm und seiner Familie verboten gewesen, das Gebiet zu verlassen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Anders als das SG hat das LSG keine ausreichenden Voraussetzungen für eine Verurteilung des beklagten Landes zur Gewährung einer Beschädigtenversorgung gesehen. Der Kläger sei zwar bis zum Jahr 1956 interniert gewesen. Einwirkungen durch die atomwaffentestbedingte ionisierende Strahlung in der Nähe des zwangsweisen Aufenthaltsorts stellten aber keine der Internierung eigentümlichen Verhältnisse dar und führten mangels inneren Zusammenhangs mit der Internierung nicht zu einem Versorgungsanspruch.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG. Das LSG sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Atomstrahlung nicht auf die mit der Internierung zusammenhängenden eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen sei.

Sozialgericht Schleswig - S 14 VK 4/09
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 2 VK 57/14

Terminbericht

Auf die Revision des Klägers hat der Senat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Senat kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entscheiden, ob dem Kläger ein Versorgungsanspruch nach § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Buchst c BVG zusteht.

Der Kläger gehört grundsätzlich zu dem geschützten Personenkreis des § 1 Abs 2 Buchst c BVG. Er war jedenfalls während der Zeit der sowjetischen Kommandanturaufsicht in der Sondersiedlung bis zum Jahr 1956 wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit interniert. Mit den in der Nähe des Internierungsorts des Klägers im sowjetischen Atomwaffentestgelände Semipalatinsk durchgeführten Atomwaffenversuchen und der durch sie verursachten Strahlenkontamination liegt auch ein mit der Internierung zusammenhängendes schädigendes Ereignis vor. Im Gegensatz zur einheimischen Wohnbevölkerung wurden die Volksdeutschen in die Nähe des Atomwaffentestgebiets deportiert und unter Strafandrohung zum Verbleib in die ihnen gegen ihren Willen jeweils zugewiesene Sondersiedlung gezwungen. Sie konnten sich wegen der Internierung der atomwaffentestbedingten ionisierenden Strahlung nicht entziehen und waren ihr demzufolge während der wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit erfolgten Internierungszeit schutzlos ausgeliefert. Ob diese Strahlungsexposition zu einer Gesundheitsschädigung beim Kläger geführt hat, die eine oder mehrere dauerhafte gesundheitliche Schädigungsfolgen bedingt, hat das LSG nicht festgestellt. Wegen fehlender Feststellungen hat der Senat den Rechtsstreit zurückverwiesen.

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