Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 9/17 R

Verhandlungstermin 23.10.2018 11:00 Uhr

Terminvorschau

H.-P. U. ./. Bundesagentur für Arbeit
Vorinstanzen:
Sozialgericht Konstanz - S 2 AL 215/15, 19.01.2016
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 13 AL 485/16, 16.03.2017
Streitig ist die die Höhe des Alg vom 25.11.2014 bis 30.6.2015. Der Kläger war vom 1.7.1990 bis 31.10.2014 in Fleben-Wellhausen/Schweiz als Werkzeugvoreinsteller/Fräser tätig. Sein Arbeitseinkommen betrug im Jahr 2012 80.645,45 CHF, im Jahr 2013 72.800,- CHF und vom 1.1.2014 bis 31.10.2014 83.086,20 CHF. Während dieser Tätigkeit war er täglich von seinem Wohnort in Deutschland zu seinem Arbeitsplatz gependelt. Ab 1.11.2014 nahm er eine Beschäftigung als Werkzeugvoreinsteller in Deutschland auf, die durch Kündigung mit Wirkung zum 24.11.2014 beendet wurde. Das Entgelt für November 2014 in Höhe von 2.232,77 Euro wurde erst am 11.12.2014 abgerechnet und ausgezahlt. Die Beklagte bewilligte Alg ab 25.11.2014 in Höhe von täglich 29,48 Euro nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 73,73 Euro täglich. Nach den Regelungen zur europäischen Sozialrechtskoordinierung müsse eine Bemessung nach deutschem Recht und - nach Maßgabe des § 152 SGB III - eine fiktive Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 erfolgen. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend gemacht hatte, das Gehalt seiner Beschäftigung in der Schweiz sei als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, wies sie zurück.

Das SG hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, das Alg nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 93,03 Euro zu berechnen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Bemessung des Alg sei allein das während der letzten Beschäftigung in Deutschland erzielte Entgelt zugrunde zu legen. Das LSG hat die Berufungen der Beklagten und des Klägers zurückgewiesen. Zwar sei das Alg nach deutschen Rechtsvorschriften nach einem fiktiven Arbeitsentgelt zu bemessen, wenn sich keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer in Deutschland ausgeübten Beschäftigung ergäben. Gleichwohl erfolge keine fiktive Bemessung, weil die nationalen Vorschriften zur Bestimmung des Bemessungsentgelts durch Art 62 VO (EG) Nr 883/2004 überlagert würden. Für die Berücksichtigung des vom Kläger nach deutschen Rechtsvorschriften erhaltenen Arbeitsentgelts nach Maßgabe des Art 62 VO (EG) 883/2004 sei es ausreichend, wenn der Betroffene - wie hier der Kläger - einen rechtlichen Anspruch auf das Arbeitsentgelt gehabt habe und das Gehalt erst nach Eintritt der Arbeitslosigkeit zufließe.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 152 SGB III sowie des Art 62 Abs 1 und Abs 2 VO (EG) Nr 883/2004. Art 62 VO (EG) 883/2004 verdränge die Bemessung nach nationalem Recht nicht soweit, dass entgegen der in Deutschland geltenden Bemessungsregelungen auch nicht abgerechnetes Arbeitsentgelt berücksichtigt werde. Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung von Vorschriften des GG, des Art 62 Abs 2 VO (EG) Nr 883/2004) und des § 150 Abs 3 Nr 3 SGB III. Die Beschränkung des Anspruchs auf inländische Bezugsgrößen bei nur kurzer Beschäftigungsdauer führe aber zu diskriminierenden Ergebnissen.

Terminbericht

Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts nach Art 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats bei Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers das "Entgelt", das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Trägers "erhalten hat", auch dann der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen hat, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Arbeitslosenunterstützung dieses Entgelt mangels ausreichender Dauer des Entgeltbezugs nicht berücksichtigt werden kann und ersatzweise eine fiktive Bemessung der Leistungen vorgesehen ist?

2. Ist Art 62 Abs 1 VO (EG) 883/2004 iVm Art 62 Abs 2 VO (EG) 883/2004 dahin auszulegen, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats bei Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers das "Entgelt", das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Trägers "erhalten hat", auch dann der Berechnung der Leistungen zugrunde zu legen hat, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften dieses Entgelt mangels rechtzeitiger Abrechnung nicht als Berechnungsgrundlage für die Leistungen in den Bezugszeitraum einbezogen werden darf und ersatzweise eine fiktive Bemessung der Leistung vorgesehen ist?

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