Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 44/17 R

Verhandlungstermin 24.10.2018 14:30 Uhr

Terminvorschau

Dr. M. ./. KÄV Schleswig-Holstein
Umstritten sind Honorarberichtigungen für die Quartale I/2006 bis IV/2007 in der Folge von Plausibilitätsprüfungen.

Die beklagte KÄV prüfte die Abrechnung des seit 1999 als Arzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Klägers anhand der Tages- und Quartalsprofile im Quartal I/2006. Dabei setzte sie für den orthopädischen Ordinationskomplex nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 18210, 18211 und 18212 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen - EBM-Ä - (je nach Alter der Patienten) entsprechend den Vorgaben in der Anlage 3 des EBM-Ä bei der Prüfung der Tagesprofile keine eigene Zeitangabe ein, während sie für die Leistungen nach GOP 18220 EBM-Ä (Beratung, Erörterung oder Abklärung) eine Prüfzeit von 10 Minuten berücksichtigte. Diese Prüfung ergab eine Überschreitung der Tageszeitobergrenze von 12 Stunden an drei Tagen.

Im Rahmen dieser Prüfung fiel der Beklagten auf, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen am selben Behandlungstag neben dem orthopädischen Ordinationskomplex nach GOP 18210 bis 18212 EBM-Ä die Leistung nach GOP 18220 angesetzt hatte. Unter Berücksichtigung der Mindestvorgabe für die Dauer des Arzt Patientenkontaktes von 20 Minuten nach der Anmerkung zu GOP 18220 ("bei der Nebeneinanderberechnung der Leistungen nach den Nrn. 18210 bis 18212 und 18220 ist eine Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach Nr. 18220") setzte die Beklagte eine Prüfzeit von 20 Minuten an. Damit ergab sich für das Quartal I/2006 an 28 Arbeitstagen eine Überschreitung der Tagesarbeitszeit von 12 Stunden.

Weil die Beklagte vermutete, dass die hohe Quote der Parallelabrechnungen der beiden genannten Leistungspositionen sich nicht auf das Quartal I/2006 beschränkte, erweiterte sie ihre Prüfung auf die Quartale II/2006 bis einschließlich IV/2007. In diesen Quartalen ergaben sich teilweise noch höhere Überschreitungen der Tagesarbeitszeit von 12 Stunden unter Berücksichtigung eines mindestens 20-minütigen Arzt-Patienten-Kontaktes bei der Abrechnungskombination von GOP 18210 und 18220 EBM-Ä. Die höchste ermittelte Tagesarbeitszeit des Klägers lag oberhalb von 18 Stunden.

Die Beklagte berichtigte sodann die Honorarbescheide des Klägers für alle betroffenen Quartale in der Weise, dass sie den Ansatz der GOP 18220 EBM-Ä an den Tagen strich, an denen der Kläger diese Position neben dem Ordinationskomplex angesetzt hatte. Die gestrichenen Leistungen bewertete die Beklagte mit einem Mischpunktwert, der sich aus dem Verhältnis der tatsächlich honorierten zu den vom Kläger abgerechneten Leistungen ergab.

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat angenommen, die Beklagte habe die Abrechnung des Klägers auch in den Quartalen II/2006 bis IV/2007 prüfen dürfen, obwohl sich insoweit keine Implausibilitäten im Sinne der Abrechnungsprüfungsrichtlinie der KÄBV ergeben hätten.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, nur im Quartal I/2006 und dort auch nur im Rahmen des Quartals- und nicht der Tagesprofile habe er die Grenze zur zeitlichen Auffälligkeit überschritten. Wenn für die Erbringung des Ordinationskomplexes ausdrücklich keine Zeitvorgabe festgelegt worden sei, dürfe die Beklagte diese Entscheidung des Normgebers nicht dadurch überspielen, dass sie unter Hinweis auf eine Anmerkung zur GOP 18220 eine Mindestzeit von 20 Minuten in die Prüfung einstelle. Im Übrigen dürfe eine Abrechnungsberichtigung wegen zeitlicher Implausibilität nur in dem Quartal durchgeführt werden, in dem der Arzt die Auffälligkeitskriterien tatsächlich erfüllt habe. Das sei hier nur das Quartal I/2006.

Sozialgericht Kiel - S 14 KA 314/10
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 4 KA 16/14

Terminbericht

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die beklagte KÄV die Honorarbescheide für die acht streitbefangenen Quartale berichtigen und überzahltes Honorar vom Kläger zurückfordern durfte.

Die Abrechnung des Klägers erfüllt in allen betroffenen Quartalen das Aufgreifkriterium einer mehr als zwölfstündigen Arbeitszeit an mehr als drei Tagen im Quartal. Zu Recht hat die Beklagte die tägliche Arbeitszeit des Klägers in der Weise ermittelt, dass sie in allen Fällen, in denen die Beratung nach GOP18220 EBM-Ä am gleichen Tag wie der Ordinationskomplex berechnet worden ist, die in der Legende zu GOP 18220 vorgeschriebene Mindestkontaktzeit von 20 Minuten in die Prüfung nach Tagesprofilen eingestellt hat. Daran war sie nicht deshalb gehindert, weil in Anhang 3 des EBM-Ä dem Ordinationskomplex keine Prüfzeit hinsichtlich von Tagesprofilen zugeordnet ist. Diesem Umstand kommt keine Bedeutung zu, wenn der Arzt den Ordinationskomplex neben der Beratung abrechnet, weil sich dann die Mindestzeit des Arzt-Patienten-Kontaktes unmittelbar aus der GOP 18220 EBM-Ä ergibt. Bei der Erbringung beider Leistungen am gleichen Tag ist deshalb auch der Ordinationskomplex relevant für das Tagesprofil, obwohl das nicht ausdrücklich im Anhang 3 des EBM-Ä bestimmt ist.

Selbst wenn das anders beurteilt würde, wären die Berichtigungen der Beklagten nicht zu beanstanden. Im Quartal I/2006 hat der Kläger das maßgebliche Aufgreifkriterium für eine Auffälligkeit des Tagesprofils auch dann verwirklicht, wenn die auf den Ordinationskomplex entfallende Zeit generell außer Betracht bleibt. Die Beklagte war berechtigt, die in diesem Quartal deutlich gewordene Auffälligkeit, nämlich die weit überdurchschnittlich häufige Kombination von Ordinationskomplex und Beratung, auch für die Folgequartale zu prüfen. Ob in diesen Quartalen jeweils auch die tägliche Arbeitszeit des Klägers im Sinne des § 8 der Abrechnungsprüfungs-Richtlinie auffällig gewesen ist, ist ohne Bedeutung.

Die Schätzung des Ausmaßes der fehlerhaften Abrechnung des Klägers wie die Berechnung des Rückforderungsbetrages sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hätte die Fehlerhaftigkeit seiner Abrechnung als Folge der Nichtbeachtung der Mindestzeit von 20 Minuten für den Patientenkontakt bei der Nebeneinandererbringung beider Leistungen kennen müssen und hat sie zumindest grob fahrlässig nicht erkannt.

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