Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KR 23/17 R

Verhandlungstermin 25.10.2018 10:30 Uhr

Terminvorschau

R. ./. Daimler BKK
Im Streit steht die Zahlung weiteren Krankengeldes (Krg) im Zeitraum vom 29.9. bis 17.10.2016.

Der 1967 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger war als Mechaniker sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ab 17.6.2016 erkrankte er arbeitsunfähig und bezog bis 18.7.2016 Entgeltfortzahlung sowie ab 19.7.2016 Krg. Dem Kläger wurde ärztlich Arbeitsunfähigkeit (AU) für die Zeit bis 28.9.2016 attestiert und Krg gewährt. Mit Folgebescheinigung vom 28.9.2016 wurde weitere AU bis 9.11.2016 bestätigt. Der behandelnde Arzt händigte dem Kläger die für die Beklagte bestimmte Ausfertigung der AU-Vordruck-Bescheinigung aus. Die Beklagte lehnte die weitere Zahlung von Krg in der Zeit vom 29.9.2016 bis 17.10.2016 ab, weil die Folgebescheinigung vom 28.9.2016 nicht innerhalb der Wochenfrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V bei ihr eingegangen sei, sondern erst verspätet am 18.10.2016. Daher ruhe der Anspruch auf Krg ab 29.9.2016. Das dagegen angerufene SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger auch in der streitigen Zeit Krg zu gewähren (in Höhe von 78,25 Euro täglich). Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, seine AU der Beklagten zu melden. Dem Versicherten werde die Meldeobliegenheit nämlich abgenommen, wenn - wie hier - § 5 Abs 1 S 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anwendung finde. Versäumnisse des Vertragsarztes seien der KK zuzurechnen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der Krg-Anspruch ruhe nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V wegen verspäteter AU-Meldung bei der KK selbst dann, wenn den Versicherten kein Verschulden am rechtzeitigen Zugang der Krankmeldung bei der KK treffe. Ein von der Rechtsprechung des BSG insoweit anerkannter Ausnahmefall liege nicht vor (ua Hinweis auf BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5). Insbesondere suspendiere § 5 Abs 1 S 5 EFZG den Versicherten nicht von seiner krankenversicherungsrechtlichen Meldeobliegenheit. Doch selbst wenn diese Vorschrift den Arzt - und nicht den Versicherten - zur Vorlage der AU-Bescheinigung bei der KK verpflichten sollte, sei ein vertragsärztliches Fehlverhalten nicht ohne Weiteres der KK zuzurechnen. Die Beklagte habe den Kläger mehrmals auf die Notwendigkeit der zeitgerechten Vorlage der Krankmeldung bei der KK hingewiesen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt (sinngemäß) die Verletzung materiellen Rechts (§ 49 Abs 1 Nr 5 SGB V). Nicht der Versicherte, sondern ausschließlich der Vertragsarzt sei "vor dem Hintergrund der gesamten sozialversicherungsrechtlichen Regelungen" zur Meldung der AU an die KK verpflichtet. Dem Versicherten dürfe das Risiko einer fehlerhaften Briefbeförderung nicht angelastet werden.

Sozialgericht Karlsruhe - S 16 KR 4531/16
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KR 2067/17

Terminbericht

Die Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben, weil sie jedenfalls unbegründet ist. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Krg-Anspruch des Klägers vom 29.9. bis 17.10.2016 nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V ruhte. Daher hat das LSG das SG-Urteil zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach den Feststellungen des LSG meldete der Kläger seine AU der Beklagten für den streitigen Zeitraum nicht innerhalb einer Woche nach Beginn der für die weitere Krg-Zahlung maßgebenden AU. Nach der Rspr des BSG, an der der Senat festhält, gilt die Meldepflicht bei abschnittsweiser Krg-Bewilligung auch für Folge-AU-Feststellungen, selbst dann, wenn die AU ununterbrochen bestand, die übrigen Leistungsvoraussetzungen gegeben sind und den Versicherten kein Verschulden am nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (stRspr vgl BSGE 85, 271, 275 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, der dem Kläger wegen Vorliegens von dem Verantwortungsbereich der KK zuzurechnender Umstände (zB Organisationsmängel) eine günstigere Rechtsposition einräumen könnte. Der Kläger erhielt vom behandelnden Arzt die AU-Bescheinigung ausgehändigt und war zudem darüber informiert, dass sie zeitgerecht vorzulegen war. § 5 Abs 1 S 5 EntgFG entlastet den Versicherten nicht von seiner AU-Meldeobliegenheit gegenüber der KK. Soweit dem Urteil des BSG vom 28.10.1981 (BSGE 52, 254, 259, 260 = SozR 2200 § 216 Nr 5 S 12, 13) zu § 3 Abs 1 S 3 LFZG Entgegenstehendes zu entnehmen sein sollte, hält der Senat daran jedenfalls in Bezug auf das EntgFG nicht fest. Dieses Gesetz regelt nur die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer; für die Rechte und Pflichten im Verhältnis des versicherten Arbeitnehmers zu seiner KK ist daraus nichts herzuleiten, weil die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs allein im SGB V geregelt sind. § 5 Abs 1 S 5 EntgFG verpflichtet einen Arzt im Verhältnis zu einem Versicherten mit Krg-Anspruch nicht außerhalb der für die Entgeltfortzahlung geltenden Regelungen zur Übersendung einer AU-Bescheinigung an die KK. Aus § 295 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, wonach Vertragsärzte verpflichtet sind, in dem Abschnitt der AU-Bescheinigung, den die KK erhält, bestimmte Daten aufzuzeichnen und zu übermitteln, folgt nichts anderes. Er betrifft nur die "Abrechnung ärztlicher Leistungen" und enthält auch keine Wochenfrist. Auch aus den in der vertragsärztlichen Versorgung geltenden Vordruckvereinbarungen ist nichts zu Gunsten des Klägers herzuleiten. Ob und unter welchen Voraussetzungen anzunehmen sein könnte, dass ein Vertragsarzt die Meldeobliegenheit des Versicherten wirksam mit der Folge übernommen hat, dass eine fehlende oder verspätete AU-Meldung dem Versicherten im Verhältnis zur KK nicht zum Nachteil gereicht, bedarf im Falle des Klägers keiner Entscheidung.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK