Bundessozialgericht

Verhandlung B 2 U 34/17 R

Verhandlungstermin 27.11.2018 13:00 Uhr

Terminvorschau

Der Termin wurde aufgehoben.
J.-C. F. ./. Verwaltungs-BG
Die Beteiligten streiten darüber, ob unter Aufhebung eines ablehnenden Bescheides aus dem Jahre 2003 gemäß § 44 SGB X die Infektion der Klägerin durch Pseudomonas aeruginosa, die eine Meningitis zur Folge hatte, als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Die Klägerin wurde am 9.4.1992 während der 30. Schwangerschaftswoche auf dem Weg zur Universitäts-Frauenklinik R. in einem Krankenwagen um ca 16:40 Uhr geboren. In der neonatologischen Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik der Universität R. wurde sie um 17.00 Uhr aufgenommen und musste wegen einer Anpassungsstörung der Lunge mit Lungenentzündung apparativ beatmet und antibiotisch behandelt werden. Nach zwischenzeitlicher Stabilisierung unter Beatmung und antibiotischer Behandlung waren am 8. Lebenstag erneut klinische Symptome einer Lungenentzündung und einer beginnenden Sepsis festzustellen. Nachdem die Klägerin ab dem 15. Lebenstag zunächst spontan ohne Zeichen von Luftnot atmete und kreislaufstabil war, traten am 3.5.1992 plötzlich Apnoen und Bradykardien auf. Eine Lumbalpunktion ergab den Befund einer Meningitis; als Erreger konnte Pseudomonas aeruginosa diagnostiziert werden. Dieser Erreger wurde gleichzeitig im Stuhl der Klägerin nachgewiesen. In der Folgezeit kam es zur Ausbildung eines Hydrocephalus, der operativ versorgt werden musste. 2001 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen "Antrag auf Entschädigung, Pflegegeld, Verletztenrente". Die Beklagte zog die medizinischen Unterlagen der Universitätskliniken R. bei und holte zur Klärung der Ursachen für die Infektion ein Gutachten von Prof. Dr. S. ein, der 2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis kam, bei der Erkrankung der Klägerin habe es sich um eine auf der Intensivstation erworbene Meningitis gehandelt. Andere verantwortliche Ursachen für den Infektionshergang seien unwahrscheinlich. Der beratende Arzt der Beklagten führte aus, Pseudomonas aeruginosa sei weit verbreitet als Nass- oder Pfützenkeim, zB in Leitungswasser, Waschbecken, Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Putzutensilien etc, im Krankenhaus etwa ua in Inkubatoren für Frühgeborene, Beatmungs- und Narkosegeräten. Von allen diesen Bereichen und Gerätschaften sowie von infizierten Patienten und Keimträgern unter dem Personal könnten Erkrankungen ihren Ausgang nehmen. Auf Intensivstationen habe der Keim als Erreger eine große Bedeutung.

Die Beklagte lehnte 2003 sowohl die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach § 9 SGB VII in Verbindung mit Nr 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als auch einen Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII ab. Die dagegen vor dem SG erhobene Klage, die Berufung und die Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos. 2008 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X, den die Beklagte ablehnte. Die auf die Feststellung einer BK Nr 3101 beschränkte Klage hatte keinen Erfolg. Nach einem vor dem LSG geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, den die Feststellung eines Arbeitsunfalls ablehnenden Bescheid vom 25.7.2003 auf den 2008 gestellten Antrag der Klägerin hin nochmals zu überprüfen. Mit Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2013 lehnte die Beklagte sodann die Aufhebung dieses Bescheides erneut ab. Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin gehöre zwar zu dem versicherten Personenkreis des hier noch anzuwendenden § 539 Abs 1 Nr 17a RVO, nach dem gegen Arbeitsunfall Personen versichert seien, denen von einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung stationäre Behandlung iS von § 559 RVO gewährt werde. Eine grundsätzlich versicherte Tätigkeit liege danach vor, denn die Klägerin habe sich zu dem Zeitpunkt der zu der Meningitiserkrankung führenden Infektion in einer Krankenhausbehandlung befunden. Es fehle jedoch an der Unfallkausalität. Unfälle, die allein wesentlich durch eine fehlerhafte Behandlung eines Arztes oder eines Therapeuten, wie zB Physiotherapeuten, Schwestern und Pfleger, bei dem Erhalt ärztlich angeordneter Behandlungen verursacht würden, seien mangels Wesentlichkeit der Verrichtung des Versicherten für den Unfall keine Arbeitsunfälle. Das Risiko der ärztlichen Behandlung selbst sei nicht Gegenstand des Versicherungsschutzes. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Infektion bei der Klägerin infolge einer besonderen Gefahr erfolgt sei, die mit der Entgegennahme der Krankenhausbehandlung verbunden und nicht die Folge der ärztlichen Behandlung gewesen sei. Nach allen Gutachten seien alle denkbaren Infektionsursachen lediglich theoretisch in Betracht zu ziehende Möglichkeiten. Durch welche der möglichen Gefahrenquellen mit Wahrscheinlichkeit die Infektion erfolgt sei, hätte keiner der Sachverständigen festzustellen vermocht. Die passive Entgegennahme der Krankenhausbehandlung könne daher nicht als Mitursache im naturwissenschaftlichen Sinne festgestellt werden. Ebenso wenig könne die theoretisch in Betracht kommende Infektion infolge einer Berührung durch die Eltern als krankenhaustypische Gefahr eingestuft werden. Allein der Umstand, dass der Keim Pseudomonas aeruginosa, der zu der Meningitisinfektion führte, als typischer Krankenhauskeim anzusehen sei, könne nicht dazu führen, eine Verursachung der Infektion durch die Anwesenheit der Klägerin in der Klinik zu bejahen, ohne dass der konkrete Vorgang des Kontakts mit dem Keim und die dadurch verursachte Infektion festgestellt werden könne.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Düsseldorf - S 16 U 173/13, 08.04.2016
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 15 U 326/16, 19.09.2017

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