Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 15/18 R

Verhandlungstermin 12.12.2018 10:00 Uhr

Terminvorschau

K. GmbH ./. Deutsche Rentenversicherung Westfalen und Beigeladene
Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Säumniszuschlägen auf nachgeforderte Sozialversicherungsbeiträge.

Die klagende GmbH betreibt ein Busunternehmen mit speziell für einen 24-stündigen Aufenthalt ausgestatteten Reisebussen. Sie beschäftigte eigene Fahrer und zog regelmäßig weitere Fahrer (sog Tourbegleiter) heran, die sie als selbstständig behandelte und nicht zur Sozialversicherung anmeldete. Auch der Beigeladene zu 1. war mit Unterbrechungen in der Zeit vom 17.10.2006 bis zum 18.11.2009 wiederholt als Tourbegleiter für die Klägerin tätig. Insoweit forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Westfalen von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 19 737,21 Euro.

Das SG hat die gegen die Festsetzung der Beiträge und Säumniszuschläge gerichtete Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte die Forderung der Säumniszuschläge auf 4 419 Euro beschränkt. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert, die Bescheide der Beklagten hinsichtlich der Säumniszuschläge aufgehoben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Die für die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Vergangenheit erforderliche vorsätzliche Unkenntnis von der Beitragszahlungspflicht sei nicht festzustellen.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 24 Abs 2 SGB IV. Es gelte der Verschuldensmaßstab des § 276 BGB, so dass der Arbeitgeber für Vorsatz und Fahrlässigkeit hafte. Die Klägerin habe kein Verfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht eingeleitet und damit jedenfalls fahrlässig gehandelt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Münster - S 14 R 294/12, 24.06.2014
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 8 R 822/14, 30.08.2017

Terminbericht

Der Senat hat auf die Revision der beklagten Deutschen Rentenversicherung Westfalen das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zwar sind die objektiven Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen erfüllt. Der Senat konnte aber wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden, ob die klagende GmbH unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Beitragszahlungspflicht im Sinne des § 24 Abs 2 SGB IV hatte.

Kenntnis ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein. Ob ihr Fehlen unverschuldet ist, bestimmt sich nicht nach § 276 BGB, sondern nach einem eigenständigen Verschuldensmaßstab. Verschulden im Sinne des § 24 Abs 2 SGB IV setzt wenigstens bedingten Vorsatz voraus. Das folgt aus der Systematik des SGB IV und dem Zweck der Säumniszuschläge. § 24 Abs 2 SGB IV steht mit § 25 Abs 1 S 2 SGB IV und § 14 Abs 2 SGB IV, die an ein vorwerfbares Verhalten anknüpfen und jeweils vorsätzliches Handeln voraussetzen, in einem einheitlichen Regelungskomplex mit der Folge eines einheitlichen Haftungsmaßstabs. Auch kann der Zweck der Säumniszuschläge, Druck auf die Zahlungspflichtigen mit dem Ziel einer rechtzeitigen Beitragszahlung auszuüben und verspätete Zahlungen zu sanktionieren, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nur erreicht werden, wenn der betroffene Arbeitgeber seine Zahlungspflicht zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

Das LSG hat zwar festgestellt, dass den Geschäftsführer der Klägerin im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge kein Verschulden traf. Es muss aber noch klären, ob der Geschäftsführer zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis von der Beitragspflicht erlangte oder hiervon unverschuldete Unkenntnis hatte. Säumniszuschläge sind von dem Zeitpunkt des Eintritts der Kenntnis oder unverschuldeten Unkenntnis an zu erheben. Ist beides beim Geschäftsführer nicht der Fall, muss das LSG ermitteln, ob noch weitere Personen für die Beurteilung der Zahlungspflicht mitverantwortlich waren und ob und wann diese die Zahlungspflicht der Klägerin kannten oder zumindest für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen.

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