Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 RE 1/18 R

Verhandlungstermin 13.12.2018 10:30 Uhr

Terminvorschau

C.K. ./. DRV Bund, 2 Beigeladene
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seine ab dem 14.9.2010 ausgeübte Tätigkeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

Der Kläger ist Diplom-Bauingenieur. Vom 1.11.1993 bis Juni 1996 war er in einem Ingenieurbüro beschäftigt. Mit Bescheid vom 26.3.1996 befreite die BfA ihn von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten ab dem 4.12.1995. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger Pflichtmitglied des zu 1 beigeladenen Versorgungswerks der Architektenkammer NRW. Die Pflichtmitgliedschaft knüpfte an die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers in der Ingenieurkammer Bau NRW an. Seit Beendigung der Mitgliedschaft in der Berufskammer am 31.5.1997 ist der Kläger freiwilliges Mitglied des Beigeladenen zu 1. Ab dem 1.4.2001 war der Kläger zunächst bei der Rechtsvorgängerin der zu 2 beigeladenen Arbeitgeberin und sodann bei dieser in verschiedenen Funktionen beschäftigt, zuletzt ab dem 14.9.2010 als strategischer Asset Manager (Technik). Für diese Tätigkeit beantragte der Kläger die Feststellung, dass er von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Die Tätigkeit entspreche derjenigen, für die mit Bescheid vom 26.3.1996 eine Befreiung erteilt worden sei. Mit Bescheid vom 8.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2013 lehnte die Beklagte eine Befreiung ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor, weil der Kläger nicht Pflichtmitglied einer berufsständischen Kammer und auch nur freiwilliges Mitglied des Beigeladenen zu 1 sei. Die mit Bescheid vom 26.3.1996 ausgesprochene Befreiung habe nur die zum damaligen Zeitpunkt ausgeübte Beschäftigung zum Gegenstand. Das SG hat mit Urteil vom 14.10.2015 die auf Aufhebung des ablehnenden Bescheides und Feststellung der weiterhin bestehenden Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gerichtete Klage abgewiesen. Das LSG hat unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die begehrte Feststellung ausgesprochen. Die im Bescheid vom 26.3.1996 ausgesprochene Befreiung entfalte weiter Rechtswirkungen, weil der Bescheid nicht förmlich aufgehoben worden sei.

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor, der Bescheid vom 26.3.1996 habe nur die damalige Beschäftigung betroffen. Einer förmlichen Aufhebung dieses Bescheides bedürfe es nicht.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Speyer - S 1 R 1247/13, 14.10.2015
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 R 477/15, 24.10.2017

Terminbericht

Die Revision der Beklagten war erfolgreich. Die Beklagte hat zu Recht den Antrag des Klägers abgelehnt, festzustellen, dass er für seine ab dem 14.9.2010 ausgeübte Tätigkeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob die im Revisionsverfahren zu prüfende Feststellungsklage weiterhin zulässig ist. Mit dem Bescheid vom 8.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2013 hat die Beklagte entschieden, dass der Kläger weder die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erfüllt noch aufgrund des Bescheides vom 26.3.1996 weiterhin befreit ist. Über den vom Kläger vor dem SG und dem LSG gestellten Antrag auf Aufhebung dieses Bescheides hat das LSG nicht entschieden. Da das LSG den Antrag im Tatbestand wiedergibt, sich in den Gründen aber mit keinem Wort dazu verhält, spricht viel dafür, dass das LSG versehentlich nicht über den Aufhebungsantrag entschieden hat. Ein solches Versehen kann grundsätzlich nur durch eine Ergänzung des Urteils nach § 140 SGG korrigiert werden, die innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beantragt werden muss. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Mit Ablauf der Frist entfällt die Rechtshängigkeit der Klage und der Bescheid erwächst in Bestandskraft.

Ungeachtet dessen ist das Feststellungsbegehren jedenfalls unbegründet. Das LSG hat zunächst zutreffend ausgeführt, dass die im Bescheid vom 26.3.1996 ausgesprochene Befreiung des Klägers von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nur die damalige Beschäftigung im Ingenieurbüro P betraf. Entgegen der Auffassung des LSG bedurfte es aber keines förmlichen Widerrufs, um die Rechtswirkung des Bescheides vom 26.3.1996 entfallen zu lassen. Das LSG verkennt mit seiner Auffassung bereits, dass es sich bei der entsprechenden Wendung im Bescheid lediglich um einen Hinweis und nicht um einen Teil des Verfügungssatzes handelt. Es hat auch den Gesamtzusammenhang mit den übrigen Textteilen des Bescheides nicht hinreichend berücksichtigt.

An dieser Beurteilung ist der Senat nicht durch § 163 SGG gehindert. Es spricht viel dafür, dass die Auslegung eines Bescheides stets (auch) Aufgabe des Revisionsgerichts ist. Dazu bedarf es indes hier keiner abschließenden Entscheidung. Eine uneingeschränkte Überprüfung ist jedenfalls bei Formularbescheiden eines bundesweit zuständigen Versicherungsträgers vorzunehmen. Das gebietet bereits die Funktion des Revisionsgerichts, die Rechtseinheit zu wahren. Derartige Formularbescheide bestehen aus vorformulierten Texten, die im Wesentlichen wortgleich im gesamten Bundesgebiet verwendet werden. Ein Verwaltungsakt dieser Art war hier auch der Bescheid vom 26.3.1996. Soweit der Kläger auf Rechtsprechung des BVerwG verweist, nach der nur eine eingeschränkte Überprüfung der von den Tatsachengerichten vorgenommenen Auslegung eines Bescheides durch das Revisionsgericht zulässig ist, betraf diese keine typisierten Verwaltungsakte. Zudem ist die Rechtsprechung des BVerwG zu dieser Frage nicht einheitlich, sodass eine Divergenz zur Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts nicht besteht. Schließlich besteht Übereinstimmung dahingehend, dass dem Revisionsgericht eine uneingeschränkte Überprüfung dann nicht verwehrt ist, wenn - wie hier - die Tatsacheninstanz eine Auslegungsregel verletzt und die von ihr selbst festgestellten Umstände nicht vollständig verwertet hat.

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