Bundessozialgericht

Verhandlung B 10 EG 1/18 R

Verhandlungstermin 27.06.2019 10:00 Uhr

Terminvorschau

H. J. ./. Landkreis Kyffhäuserkreis
Die Klägerin erzielte vor der Geburt ihrer Tochter (25.8.2014) Gehalt aus einer abhängigen Beschäftigung. Der Beklagte bewilligte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 11. Lebensmonat, legte den Bemessungszeitraum auf die Zeit von Juli 2013 bis Juni 2014 fest und klammerte das im August 2013 nachgezahlte Gehalt für Juni 2013 bei der Berechnung aus. Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin höheres Elterngeld zu gewähren. Der Gesetzgeber habe mit dem Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetz vom 10.9.2012 generell auf das Erfordernis einer Einkommenserzielung verzichtet und stattdessen den tatsächlichen Einkommenszufluss für maßgeblich erachtet. Das LSG hat die Klage abgewiesen. Gehaltsnachzahlungen im laufenden Jahr seien lohnsteuerrechtlich den Lohnzahlungszeiträumen zuzurechnen, für die sie geleistet wurden. Das nachgezahlte Gehalt für Juni 2013 sei deshalb wegen der Steuerakzessorietät des Elterngeldes außerhalb des Bemessungszeitraums erzielt. Insoweit sei auch die von der Klägerin angestrebte Verschiebung des Bemessungszeitraums auf die Zeit von August 2013 bis Juli 2014 nicht zu ihrem Vorteil.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 2 Abs 1 Satz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) idF des Gesetzes vom 10.9.2012. Danach komme es nur noch darauf an, welches Einkommen der Leistungsempfänger im Bemessungszeitraum tatsächlich gehabt habe, unabhängig davon, in welchem Zeitraum er es erarbeitet habe, sofern dies noch im laufenden Jahr erfolgt sei. Der Bemessungszeitraum sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R) wunschgemäß auf August 2013 bis Juli 2014 zu verschieben.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Nordhausen - S 3 EG 870/15, 01.09.2015
Thüringer Landessozialgericht - L 2 EG 1402/15, 15.06.2017

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld unter Berücksichtigung der im August 2013 zugeflossenen Gehaltsnachzahlung für den Monat Juni 2013. Dem Begehren der Klägerin, den Bemessungszeitraum (Juli 2013 bis Juni 2014) auf die Zeit von August 2013 bis Juli 2014 zu verlegen, war hingegen nicht zu entsprechen. Wurde - wie hier - vor der Geburt des Kindes nur Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bezogen, erstreckt sich der Bemessungszeitraum auf die 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes (hier: 25.8.2014). Dabei bleiben bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums Kalendermonate mit Bezug von Mutterschaftsgeld nach dem SGB V - hier der Juli 2014 - unberücksichtigt (Senatsurteil vom 16.3.2017 - B 10 EG 9/15 R - SozR 4-7837 § 2b Nr 4). Die Gehaltsnachzahlung für Juni 2013 war gleichwohl in die Bemessung einzubeziehen, auch wenn sie von der Klägerin in einem Zeitraum "erarbeitet" worden ist, der vor dem Bemessungszeitraum liegt. Denn entscheidend ist bei laufendem Arbeitslohn der tatsächliche Zufluss (Eingang) im Bemessungszeitraum. Die Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses auch bei laufendem Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit ergibt sich aus der mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) erfolgten Änderung des § 2 Abs 1 BEEG. Danach kommt es nach S 3 bei der Bemessung des Elterngelds allein auf das Einkommen an, das der Berechtigte "im Bemessungszeitraum … hat". Nicht mehr entscheidend ist, wann der nachgezahlte laufende Arbeitslohn vom Elterngeldberechtigten "erarbeitet" worden ist. Bei nachträglichem Zufluss von im Bemessungszeitraum "erarbeiteten" laufenden Arbeitslohn findet das vom Senat (ua im Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 108 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6) zur Vorgängervorschrift entwickelte modifizierte Zuflussprinzip keine Anwendung mehr.

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