Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 4/18 R

Verhandlungstermin 18.07.2019 12:15 Uhr

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J.B. ./. Stadt Oldenburg, beigeladen: Barmer
Im Streit ist die Übernahme von Kosten für die Versorgung mit einer Brille in Höhe von 178 Euro. Die Klägerin ist geistig behindert; bei ihr besteht eine Weitsichtigkeit bei einem Dioptrie-Wert von 6,5 (rechts) bzw 6,0 (links). Sie bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom beklagten Sozialhilfeträger und besucht eine Werkstatt für behinderte Menschen. Im Juli 2012 beschaffte sie sich eine neue Brille, nachdem die Beklagte die Übernahme der Kosten hierfür abgelehnt hatte. Während das SG die Beklagte zur Übernahme der Kosten als Leistung der Eingliederungshilfe verurteilt hat, hat das LSG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei wegen der Sehschwäche nicht wesentlich behindert iS des § 1 Nr 4 Eingliederungshilfeverordnung, weil die Sehbehinderung durch die Brille ausgeglichen sei; nach Korrektur durch die Brille lägen Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wegen der Sehschwäche nicht vor. Auch die Voraussetzungen anderer denkbarer Anspruchsgrundlagen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, ergänzende Leistungen der Grundsicherung und Hilfe in sonstigen Lebenslagen) seien nicht erfüllt.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und macht geltend, die Kosten für die Brille seien als Teilhabeleistungen, alternativ als Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Oldenburg - S 22 SO 99/13, 20.01.2014
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 8 SO 79/14, 31.08.2017

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Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist zurückgewiesen worden. Sie hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer Brille als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Nach den bindenden Feststellungen des LSG besteht bei ihr wegen der Fehlsichtigkeit keine wesentliche Behinderung, weil die Sehschärfe mit einer Brille ausgeglichen wird. Aus der geistigen Behinderung der Klägerin ergeben sich keine spezifischen Teilhabeeinschränkungen, denen durch die Versorgung mit einer Brille begegnet werden könnte. Allein "positive Auswirkungen" bei einer Versorgung mit einer Brille auf die Lebensumstände der Klägerin lassen keinen sozialen Teilhabebedarf erkennbar werden. Eine Brille, die - wie hier - zur Korrektur einer Sehschwäche in allen Bereichen des täglichen Lebens gleichermaßen benötigt wird, stellt auch kein Hilfsmittel zur Teilhabe am Arbeitsleben dar, sondern unterfällt allein der medizinischen Rehabilitation, wird dort aber der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet. Ein Anspruch nach den Vorschriften über die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung besteht ebenfalls nicht. Die Kosten für die Neubeschaffung einer Brille sind vom Regelbedarf umfasst, sodass auch Leistungen nach § 73 SGB XII ausscheiden. Kann der Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, kommen Leistungen nur als Darlehen in Betracht, das nicht im Streit war.

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