Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 20/18 R

Verhandlungstermin 12.09.2019 09:30 Uhr

Terminvorschau

H.O. ./. Bundesagentur für Arbeit
Der Kläger, der Arbeitslosengeld (Alg) vom 1.6. bis 20.6.2016 begehrt, war seit 1989 als Facharbeiter im Produktionsbereich beschäftigt. Er bezog Krankengeld vom 7.7.2015 bis 31.5.2016 mit Unterbrechung durch Bezug von Übergangsgeld. Bereits im Februar 2016 hatte die Arbeitgeberin ihm fristgerecht zu Ende September 2016 gekündigt und ihn widerruflich ohne Entgeltzahlung von der Erfüllung seiner Arbeitspflicht freigestellt. Am 30.5.2016 bot der Kläger erneut seine Arbeitsleistung ab 1.6.2016 erfolglos an. Am 21.6.2016 nahm er die Beschäftigung bei der Arbeitgeberin erneut auf.

Den Antrag des Klägers auf Alg nach Arbeitslosmeldung mit Wirkung zum 1.6.2016 lehnte die Beklagte ab. Das SG hat die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht arbeitslos gewesen. Er habe weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Die Arbeitgeberin sei bemüht gewesen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Wegen seiner möglichen Genesung sei ein Widerruf der Freistellung wahrscheinlich gewesen. Der Kläger habe sich auch nach seiner Kündigung weiterhin um eine Wiedereingliederung bemüht. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III. Das BSG habe entschieden, dass zur Beurteilung der Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis geendet habe, alle Gegebenheiten des Einzelfalls insgesamt zu würdigen seien. Dies habe das LSG unterlassen. Der nur widerruflichen Freistellung komme keine Bedeutung zu.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Freiburg - S 2 AL 3259/16, 27.01.2017
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 12 AL 1019/17, 22.06.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 43/19.

Terminbericht

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 1.6. bis 20.6.2016, weil er weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis stand. Ob langfristig erkrankte bzw leistungsgeminderte Arbeitnehmer, die tatsächlich nicht beschäftigt werden, deren Arbeitsverhältnis jedoch rechtlich fortbesteht, beschäftigungslos im leistungsrechtlichen Sinne des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III sind, ist entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG nach einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen. Erklärungen des Arbeitgebers zu einer weiterhin bestehenden Verfügungsbefugnis und einem Verfügungswillen sowie des Arbeitnehmers zu einer fortbestehenden Dienstbereitschaft haben als Anzeichen einer faktischen Gebundenheit Bedeutung. Sie können jedoch auch als "leere Hülse" unbeachtlich sein, wenn sie nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen. Beschäftigungslosigkeit scheidet daher nicht zwingend schon dann aus, wenn ein Arbeitgeber - wie vorliegend - erklärt, dass er den Arbeitnehmer nur widerruflich von seiner Arbeitsleistung freistellt. Allerdings ist das LSG im Ergebnis von einem richtigen Verständnis des Rechtsbegriffs des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen und hat die nach Lage des Falls relevanten tatsächlichen Umstände (ua mögliche Genesung, jederzeit mögliche und tatsächliche Wiederaufnahme der Beschäftigung) ohne Rechtsfehler gewürdigt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 43/19.

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