Bundessozialgericht

Verhandlung B 14 AS 17/19 R

Verhandlungstermin 20.02.2020 11:00 Uhr

Terminvorschau

1. H. C., 2. W. C., 3. A. C., 4. M. C. ./. Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Umstritten ist ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 63 SGB X nach einer Aufrechnung des beklagten Jobcenters.

Nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren der Kläger - eine Mutter und deren minderjährige Kinder - erklärte sich der Beklagte bereit, die notwendigen Aufwendungen zu erstatten, und sah die Zuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig an. Auf die Kostennote ihrer Rechtsanwältin über insgesamt 595 Euro erklärte der Beklagte, er erkenne diese Kosten an, rechne aber mit Erstattungsforderungen gegenüber den Klägern in unterschiedlicher Höhe auf (Schreiben vom 5.11.2015). Den sich ergebenden Zahlbetrag von 82,78 Euro überwies er anschließend an die Anwältin.

Das SG hat den Beklagten verurteilt, die Kläger vom Vergütungsanspruch ihrer Anwältin in Höhe von weiteren 512,22 Euro freizustellen. Das LSG hat die zugelassenen Berufungen zurückgewiesen. Der Anspruch der Kläger sei ein Freistellungsanspruch, gegen den der Beklagte mit einer Geldforderung mangels Gleichartigkeit gemäß § 387 BGB nicht habe wirksam aufrechnen können.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 63 SGB X. Dieser beinhalte keinen Freistellungs-, sondern einen Zahlungsanspruch. Die zu § 257 BGB entwickelten Grundsätze seien nicht übertragbar.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 66 AS 24139/15, 28.08.2017
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 29 AS 1928/17, 31.05.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 4/20.

Terminbericht

Die Revision des beklagten Jobcenters gegen das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg ist zurückgewiesen worden. Der Beklagte konnte gegen den von ihm hinsichtlich Grund und Höhe anerkannten Kostenerstattungsanspruch der Kläger nach § 63 SGB X nicht mit Erstattungsforderungen seinerseits gegenüber den Klägern wirksam aufrechnen.

Eine Aufrechnung als Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, auf das die §§ 387 ff BGB ggf entsprechend anzuwenden sind, ist nach der Entscheidung des Großen Senats vom 31.8.2011 (GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4) grundsätzlich auch durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung zulässig. Vorliegend steht einer wirksamen Aufrechnung jedoch ein aus dem Sinn und Zweck des § 63 SGB X folgendes Aufrechnungsverbot entgegen. Die Aufrechnung betrifft zudem die Rechtsschutzgleichheit von Unbemittelten und Bemittelten insbesondere im Bereich des SGB II, in dem Widerspruchsführer typischerweise unbemittelt sind. Denn Rechtsanwälte müssen aufgrund der großen Anzahl von Erstattungsbescheiden im Bereich des SGB II (vgl nur BT-Drucks 19/12241 S 2) befürchten, ihre Vergütung nicht über den Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu erhalten, und es besteht die Gefahr, dass sie die Übernahme entsprechender Mandate ablehnen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 4/20.

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