Bundessozialgericht

Verhandlung B 3 KS 3/18 R

Verhandlungstermin 07.05.2020 12:00 Uhr

Terminvorschau

G. H. ./. Künstlersozialkasse
Der Kläger war seit März 2000 als selbstständiger Publizist für die "L. GbR" tätig. Die beklagte Künstlersozialkasse hatte insoweit die Rentenversicherungspflicht mit Anspruch auf Beitragszuschüssen zu den Aufwendungen zur Kranken- bzw Pflegeversicherung nach dem KSVG festgestellt. Zum 1.7.2015 wurde die GbR in die "L. GmbH & Co. KG" umgewandelt: Der Kläger und der zweite geschäftsführende Mitgesellschafter der aufgelösten GbR wurden Kommanditisten der KG; Komplementärin der GmbH & Co KG wurde die "L. K. GmbH", deren geschäftsführende Gesellschafter wiederum der Kläger und der frühere Mitgesellschafter sind. Der Kläger zeigte der Beklagten die Änderungen an und teilte mit, dass er keine anderen Zahlungen als diejenigen aus seiner Gesellschafterstellung erhalte; er übe Tätigkeiten der Texterstellung und -redaktion, Skriptkonzeption und -erstellung sowie die Konzeption und Umsetzung von Buchveröffentlichungen aus (zu 80 %) sowie Tätigkeiten im Controlling und in der Personalverwaltung. Die Beklagte stellte daraufhin das Ende der Versicherungspflicht und der Beitragszuschussberechtigung nach dem KSVG zum 31.3.2016 fest, da der Kläger keine Einkünfte aus einer publizistischen Tätigkeit mehr erhalte, sondern lediglich aufgrund seiner Gesellschafterstellung.

Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das SG hat den Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben: Die Umwandlung der GbR in eine GmbH & Co KG habe zu keiner Änderung der Versicherungspflicht des Klägers geführt, da er selbstständiger Publizist geblieben sei. Er beschäftige keine Arbeitnehmer und übe die publizistische Tätigkeit weiterhin erwerbsmäßig aus. Für ein Arbeitseinkommen aus selbstständiger publizistischer Tätigkeit reiche ein lediglich mittelbarer Zusammenhang zu den erzielten Einnahmen aus (Hinweis auf BSG, Urteil vom 21.7.2011, BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2). Nach § 3 Abs 1 Satz 1, § 36a KSVG iVm § 15 SGB IV genüge es, wenn das Arbeitseinkommen im weitesten Sinne eine Gegenleistung für das zur Verfügung stellen der Arbeitskraft sei. Dadurch werde die volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht gewährleistet. Für ihre gegenteilige Ansicht könne sich die Beklagte nicht auf das Urteil des BSG vom 2.4.2014 (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 8) berufen. Denn das erzielte Arbeitseinkommen sei mit dem "für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen" gezahlten Entgelt iS von § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG nicht vergleichbar. Maßgebend für den Versichertenstatus sei ein weites Verständnis über das Vorliegen von Arbeitseinkommen iS des § 3 Abs 1 KSVG. Dazu zählten auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie Gewinnanteile, die ein Kommanditist als Mitunternehmer iS von § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG erziele.

Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von §§ 1, 2 KSVG. Sie stützt sich auf das og Urteil des BSG vom 2.4.2014, wonach Gewinnzuweisungen an die Gesellschafter einer KG, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultierten, keine "Entgelte für künstlerische Leistungen" iS von § 25 KSVG seien. Das gelte auch, wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen Tätigkeit resultiere. Zu Unrecht habe sich das SG daher auf das Urteil des BSG vom 21.7.2011 gestützt. Gewinnzuweisungen seien finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter. Daher fehle es auch an dem sozialen Schutzbedürfnis für die Einbeziehung in die Versicherungspflicht nach dem KSVG.

Vorinstanz:
Sozialgericht Berlin - S 198 KR 1982/16, 29.05.2018

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Terminbericht

Die Sprungrevision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das SG hat den Bescheid der Beklagten zu Recht aufgehoben, mit dem die Rentenversicherungspflicht und die Beitragszuschussberechtigung zur Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers in der Künstlersozialversicherung (KSV) beendet werden sollte. Die Änderung der Gesellschaftsform des Unternehmens von der GbR in eine GmbH & Co KG führte nicht zur Änderung der Versicherungspflicht des Klägers in der KSV. Nach den bindenden Feststellungen des SG setzte der Kläger seine erwerbsmäßige Tätigkeit als selbständiger Publizist oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze fort. Als geschäftsführender (Mit-)Gesellschafter der Komplementär-GmbH zu gleichen Teilen und als Kommanditist übte er (auch kapitalmäßig) maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft aus. Die steuerrechtliche Einordnung der Gewinnentnahmen des Klägers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb stellt den notwendigen mittelbaren Zusammenhang zum Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit her. § 15 SGB IV konkretisiert das Arbeitseinkommen systemübergreifend auch iS von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG und verweist auf die einkommensteuerrechtliche Bewertung. Einkünfte aus Gewerbebetrieb iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG sind auch Gewinnanteile der Gesellschafter einer KG, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG anzusehen ist. Das ist nach den Feststellungen des SG hier der Fall. Diesem Ergebnis steht die Senatsrechtsprechung vom 2.4.2014 (B 3 KS 3/12 R, BSG SozR 4 5425 § 25 Nr 8) nicht entgegen. Dieses Urteil ist nicht zur persönlichen Versicherungspflicht eines Künstlers oder Publizisten nach §§ 1 bis 3 KSVG ergangen, sondern zur Frage, welche Unternehmen als Kunstverwerter nach § 24 KSVG aufgrund typisierender Betrachtungsweise der Künstlersozialabgabepflicht unterliegen und welche Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen der Bemessung der Künstlersozialabgabe nach § 25 KSVG zugrunde zu legen sind. Die Versicherungspflicht und die Abgabepflicht folgen aber unterschiedlichen Regelungskonzepten im KSVG.

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