Verhandlung B 10 EG 3/19 R
Verhandlungstermin
25.06.2020 11:30 Uhr
Terminvorschau
K. K. ./. Freistaat Bayern
Die Klägerin ist Steuerfachwirtin. Sie erzielte vor der Geburt ihrer Tochter (20.9.2016) im Rahmen einer nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit ein monatliches Gehalt iHv ca 2 200 Euro. Daneben erhielt die Klägerin jeden Monat eine umsatzbezogene Provision iHv 500,00 bis 600,00 Euro. Auf den monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeberin waren diese Provisionen als sonstige Bezüge ausgewiesen.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter, ohne die monatlich gezahlten Provisionen bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigen. Das SG hat die Klage auf höheres Elterngeld unter Hinweis auf die Bindungswirkung der Anmeldung zur Lohnsteuer als sonstige Bezüge abgewiesen. Das LSG hat den beklagten Freistaat zur Zahlung höheren Elterngelds unter Berücksichtigung der Provisionen verurteilt. Die von der Klägerin bezogenen Provisionen seien als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigen. Die Lohnsteueranmeldung der Arbeitgeberin sei materiell unzutreffend gewesen. Eine Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung könne es für das Elterngeldrecht nicht geben.
Mit der Revision rügt der beklagte Freistaat einen Verstoß gegen § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG idF ab dem 1.1.2015, da die Behandlung von Entgeltbestandteilen im Lohnsteuerabzugsverfahren die Beteiligten des Elterngeldverfahrens binde.
Vorinstanzen:
Sozialgericht Landshut - S 9 EG 1/17, 06.07.2018
Bayerisches Landessozialgericht - L 9 EG 36/18, 26.02.2019
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Terminbericht
Die Revision des beklagten Freistaats war ohne Erfolg. Die von der Klägerin bezogenen Provisionen sind als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigen. Die in den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeiträumen regelmäßig und lückenlos gezahlten Provisionen sind materiell steuerrechtlich als laufender Arbeitslohn einzustufen. Die anderslautende Lohnsteueranmeldung der Arbeitgeberin steht nicht entgegen. Die Lohnsteueranmeldung bindet zwar aufgrund des steuerakzessorischen Regelungsansatzes im Elterngeldrecht grundsätzlich die Beteiligten im Elterngeldverfahren. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Regelungswirkung der Lohnsteueranmeldung weggefallen ist. Bestehen - wie hier aufgrund eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids - greifbare Anhaltspunkte, dass die inhaltlichen Festsetzungen aus dem Lohnsteuerabzugsverfahren als Grundlage der Besteuerung der Einnahmen des Arbeitnehmers aus nichtselbstständiger Arbeit weggefallen sind, müssen die Elterngeldbehörden ausnahmsweise in eine eigenständige Prüfung über die zutreffende materiell steuerrechtliche Einordnung der Vergütungsbestandteile eintreten.
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