Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 KR 1/19 R

Verhandlungstermin 08.07.2020 15:00 Uhr

Terminvorschau

H. H. ./. Techniker Krankenkasse, beigeladen: Techniker Krankenkasse Pflegeversicherung
Der im Jahr 1950 geborene Kläger war zunächst als Beschäftigter in Altersteilzeit, dann in der Krankenversicherung der Rentner bei der beklagten Krankenkasse und der beigeladenen Pflegekasse pflichtversichert. Im Juli 2011 erhielt er eine Kapitalleistung in Höhe von 58 390,07 Euro aus einer Direktversicherung ausgezahlt, deren Versicherungsnehmerin seine frühere Arbeitgeberin war. Die Beklagte setzte auf 1/120 dieser Summe - auch im Namen der Beigeladenen - für zehn Jahre monatliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit ab 1.8.2011 fest. Den Antrag des Klägers auf Überprüfung der Beitragserhebung und Erstattung der bereits gezahlten Beiträge lehnte die Beklagte mit dem hier angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid ab. Zum 1.4.2015 wechselte der Kläger die Krankenkasse.

Die auf Aufhebung der Beitragsfestsetzung und -erstattung gerichtete Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Bei der ausgezahlten Kapitalleistung handele es sich um eine Form der betrieblichen Altersversorgung. Der vorzeitige Abruf der Leistung durch den Kläger ändere daran nichts.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das LSG sowie der §§ 237, 229 Abs 1 Nr 5 SGB V und des Art 3 Abs 1 GG. Die streitige Kapitalleistung sei aus Mehrarbeit bezahlt und damit von ihm finanziert worden. Sie habe Überbrückungsfunktion und diene dem Übergang in den Ruhestand. Eine Altersversorgung scheide aus, weil er bei Auszahlung noch nicht im Ruhestand gewesen sei. Der Gleichheitssatz sei verletzt, weil er anders behandelt werde als Personen, die Leistungen der zweiten Schweizer Säule aus überobligatorischen Beitragszahlungen erhielten.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Lüneburg - S 41 KR 232/14, 12.05.2017
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 4 KR 347/17, 27.11.2018

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 26/20.

Terminbericht

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihre bestandskräftige Beitragsfestsetzung zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) auf die Kapitalleistung aus der Direktversicherung zurückzunehmen und die für die Zeit vom 1.8.2011 bis zum 31.3.2015 gezahlten Beiträge zu erstatten. Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung ist eine von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, Satz 3 SGB V erfasste nicht regelmäßig wiederkehrende Rentenleistung der betrieblichen Altersversorgung. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts erfordert keine über die Direktversicherung hinausgehende Versorgungszusage des Arbeitgebers. Die Lebensversicherung diente der Altersversorgung, denn im Zeitpunkt der Auszahlung war der Kläger bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit und damit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Die Leistung hatte keinen Überbrückungscharakter. Sie war weder zeitlich befristet noch zu einem Zeitpunkt fällig, der üblicherweise noch nicht als Beginn des Ruhestands angesehen wird. Die Finanzierung der Lebensversicherung durch Mehrarbeit des Klägers ändert ihren Charakter als betriebliche Altersversorgung nicht. Dass Versicherungsprämien ganz oder teilweise aus dem Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aufgebracht werden, ist nach der Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts unerheblich.

Auch nach erneuter Überprüfung konnte sich der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers überzeugen, auch als Kapitalleistung ausgezahlte Betriebsrenten der Beitragspflicht in der GKV und sPV zu unterwerfen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht dadurch verletzt, dass Renten aus dem Ausland nur mit dem halben Beitragssatz belegt werden. Die hier streitgegenständliche Kapitalleistung ist als Versorgungsbezug einer anderen Vergleichsgruppe zuzuordnen, in der inländische und ausländische Bezüge gleich behandelt werden. Die beitragsrechtliche Privilegierung der sog Riesterrenten ist erst am 1.1.2018 und damit nach dem hier streitigen Zeitraum in Kraft getreten und im Übrigen verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/20.

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