Bundessozialgericht

Verhandlung B 4 AS 11/20 R

Verhandlungstermin 17.09.2020 10:00 Uhr

Terminvorschau

1. L. B., 2. A.E. B. ./. Jobcenter Duisburg
Die in Duisburg wohnenden Kläger, Mutter und Sohn, bezogen Alg II. Der Beklagte berücksichtigte ihre tatsächlichen Miet- und Heizkosten für die 60,78 große Wohnung zunächst in voller Höhe (ab 1.1.2013: 303,84 Euro Grundmiete, 143,40 Euro Betriebskosten; 60 Euro Heizkosten; ab 1.8.2013: 303,84 Euro Grundmiete, 149,40 Euro Betriebskosten und 63 Euro Heizkosten). Im März 2013 teilte er den Klägern mit, die Summe der Grundmiete und der kalten Betriebskosten übersteige den höchstens für das Stadtgebiet Duisburg anzuerkennenden Betrag. Die zuletzt anerkannte Bruttokaltmiete werde deshalb für längstens sechs weitere Monate übernommen. Da keine Kostensenkung durch die Kläger erfolgte, bewilligte der Beklagte auf der Grundlage eines für die Stadt Duisburg im Juni 2013 erstmals erstellten Konzepts für den streitbefangenen Zeitraum 1.11.2013 bis 30.4.2014 nur noch abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung (Bruttokaltmiete 403,65 Euro; tatsächliche monatliche Heizkosten 63 Euro) Klage und Berufung der Kläger blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es habe zwar nicht aus eigener Sachkunde feststellen können, ob die der Ermittlung des Quadratmeterpreises zugrundeliegende Datenerhebung in allen Punkten insbesondere den Anforderungen an die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung entsprochen habe. Bei einem Nachweis ausreichender Wohnraumversorgung zu dem vom Leistungsträger planmäßig ermittelten Quadratmeterpreis habe jedoch kein Anlass bestanden, gutachterlich prüfen zu lassen, ob der Preis ohne methodische Fehler ermittelt worden sei.

Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen machen die Kläger geltend, dass die "Mietwerterhebung Duisburg 2013" kein schlüssiges Konzept darstelle. Die zugrunde liegenden Daten seien nicht repräsentativ. Die vom LSG herangezogene sog "Schürkes-Liste" über Wohnraumangebote könne nicht dazu führen, dass aus einem unschlüssigen ein schlüssiges Konzept werde.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Duisburg - S 6 AS 2157/14, 30.03.2017
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 1327/17, 05.09.2019

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Terminbericht

Die Revisionen der Kläger hatten im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG Erfolg. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG zum Konzept der Stadt Duisburg konnte der Senat unter Berücksichtigung der generellen rechtlichen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nicht abschließend beurteilen, ob den Klägern höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Ob diese generellen Anforderungen erfüllt sind, ist eine Frage tatrichterlicher Beweiswürdigung und deshalb revisionsgerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Zudem ist die gerichtliche Kontrolle von Konzepten zu den Wohnkosten als nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle ausgestaltet. Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung ist dadurch geprägt, dass die Methodenauswahl dem Jobcenter obliegt und es nicht Aufgabe des Gerichts ist, ein unschlüssiges Konzept mit sachverständiger Hilfe schlüssig zu machen. Andererseits erlaubt es diese Ausgestaltung der gerichtlichen Kontrolle nicht, abstrakte Angemessenheitswerte eines Konzepts zugrunde zu legen, gleichzeitig aber einzelne der rechtlichen und methodischen Voraussetzungen eines schlüssigen Konzepts ungeprüft zu lassen. Es fehlt dann an systematisch gewonnenen abstrakten Maßstäben als Rechtfertigung für die Anwendung. Entgegen der Auffassung des LSG kann daher weder die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung noch die Frage, ob anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze bei der Datenauswertung beachtet worden sind, dahinstehen. Insoweit ist ebenfalls eine eigenständige Prüfung und Beurteilung des Konzepts, ggf unter Mitwirkung des Jobcenters, vorzunehmen. Auch unter Berücksichtigung der sogenannten "Schürkes-Liste" entspricht die Heranziehung der Werte des vorliegenden Konzepts ohne dessen abschließende Beurteilung nicht den methodischen Anforderungen. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Werte der "Schürkes-Liste" selbst nicht planmäßig ermittelt worden sind. Diese Datensammlung grenzt den Gegenstand der Beobachtung nicht ausreichend ein und erfasst wesentliche Faktoren, wie zB den Wohnungsstandard, nicht in der gebotenen Weise. Das LSG wird deshalb im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung und die Frage, ob anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze bei der Datenauswertung beachtet worden sind, zu beurteilen haben.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 30/20.

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