Bundessozialgericht

Verhandlung B 9 SB 4/19 R

Verhandlungstermin 24.09.2020 10:45 Uhr

Terminvorschau

U.H. P. ./. Land Baden-Württemberg
Bei dem Kläger war ursprünglich ein Gesamt-Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Auf seinen Neufeststellungsantrag hob der Beklagte nach Einholung von Befundunterlagen den Gesamt-GdB auf 40 ab 9.7.2016 an. Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf eine Rückenmarksverletzung im Bereich der HWS unter Vorlage aktueller neurologischer Untersuchungsberichte. Nach Beiziehung weiterer aktueller medizinischer Unterlagen half der Beklagte ab und stellte den Gesamt-GdB des Klägers mit 60 seit dem 2.2.2017 fest. Die Erstattung der dem Kläger im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen lehnte er ab, weil der Neufeststellungsbescheid bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen sei.

SG und LSG haben den Beklagten verurteilt, die notwendigen Aufwendungen des Klägers für das Widerspruchsverfahren zu erstatten. Der Widerspruch sei erfolgreich gewesen, weil der Beklagte den Gesamt-GdB auf 60 erhöht habe. Der Widerspruch sei auch kausal für den Widerspruchserfolg. Es genüge, dass der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liege. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren nicht verletzt. Denn den zum Erfolg führenden neurologischen Arztbericht habe der Kläger erst nach Erlass des Neufeststellungsbescheids vorlegen können.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Nachträgliche Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen ließen die für eine Kostenerstattungspflicht notwendige Kausalität zwischen Widerspruch und Widerspruchserfolg entfallen. Derartige Veränderungen seien der Sphäre des Klägers zuzuordnen. Den mit dem Abhilfebescheid erreichten Widerspruchserfolg habe er auch in einem "regulären Neufeststellungsverfahren" erreichen können.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Heilbronn - S 6 SB 3301/17, 25.07.2018
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 8 SB 2932/18, 28.06.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 35/20.

Terminbericht

Die Revision des beklagten Landes war erfolglos. Der Beklagte hat dem Kläger die für den Widerspruch entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Der Widerspruch war erfolgreich, weil er zu einer abhelfenden Entscheidung des Beklagten geführt hat. Der mit dem Widerspruch vorgetragene neue medizinische Sachverhalt (Befunde vom 2.2.2017) ist kausal für die vom Beklagten vorgenommene höhere Bewertung des Gesamt-GdB ab dem 2.2.2017.

Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (hier: eine nicht nur vorübergehende Verschlechterung des Gesundheitszustands) nach Erlass des Ausgangsbescheids lässt die Mitursächlichkeit des Widerspruchs am günstigen Ausgang des Verfahrens nicht entfallen. Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem Verhalten des Klägers im Verwaltungsverfahren. Denn er hat seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Den zum Erfolg führenden neurologischen Arztbericht konnte er nicht früher vorlegen. Dass ein Berechtigter bei einer Änderung seiner gesundheitlichen Verhältnisse auch die Möglichkeit hat, kostenfrei einen Antrag auf Neufeststellung eines höheren Gesamt-GdB zu stellen, steht der Erstattung von Kosten in einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren nicht entgegen. Dem kostenrechtlichen Risiko einer Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse kann die Verwaltung durch den Erlass von Teilabhilfebescheiden und einer Kostenquotelung im Widerspruchsbescheid angemessen begegnen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 35/20.

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