Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 25/19 R

Krankenversicherung - Kostenerstattung - Liposuktion - Genehmigungsfiktion - Behandlungsvertrag

Verhandlungstermin 27.10.2020 14:30 Uhr

Terminvorschau

S. ./. BARMER
Die Klägerin beantragte am 14.4.2016 die Versorgung mit einer operativen Entfernung ihres Lipödems. Dem Antrag fügte sie einen Kostenvoranschlag der C-GmbH über 13 622,67 Euro bei. Knapp zwei Wochen später, am 27.4.2016, schloss sie mit der C-GmbH einen als "Behandlungsvertrag" überschriebenen Vertrag, beauftragte diese mit der Durchführung der Operationen und verpflichtete sich zugleich zur eigenen und privaten Zahlung von 13 622,67 Euro. Zudem schloss sie mit einem Anästhesiologen einen Vertrag, in dem eine Vergütung pro Operation der Beine von 850 Euro und pro Operation der Arme von 650 Euro nach der GOÄ vereinbart wurde. Die beklagte Krankenkasse lehnte die Bewilligung der beantragten Leistung mit Bescheid vom 4.7.2016 ab, weil die ambulante Entfernung von Lipödemen eine neue Behandlungsmethode sei (Widerspruchsbescheid vom 1.2.2017). In der Zeit vom 6.10.2016 bis zum 13.1.2017 ließ die Klägerin die Liposuktionen stationär durchführen. Sie wendete hierfür 15 969,09 Euro auf. Das SG hat die Klage abgewiesen, das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der entstandenen Behandlungskosten aufgrund einer Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a Satz 7 SGB V), weil sie sich die Leistung mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags und damit schon vor Ablauf der Frist von jedenfalls drei Wochen selbst beschafft habe. Auf das konkrete Datum der Ausführung der Operationen komme es nicht an.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung von § 13 Abs 3a Satz 7 SGB V geltend. Sie habe sich erst beginnend mit dem 6.10.2016 die beantragte Leistung selbst beschafft. Eine Leistungsbeschaffung durch einen Behandlungsvertrag sei nicht erfolgt.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Dessau-Roßlau - S 21 KR 13/17, 22.11.2017
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 6 KR 12/18, 20.02.2020

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 40/20.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der selbstbeschafften Liposuktionen. Insbesondere sind die Voraussetzungen einer Kostenerstattung aufgrund einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB V nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte die beantragte Liposuktion nicht innerhalb der durch § 13 Abs 3a SGB V vorgegebenen Frist beschieden. Die Klägerin war jedoch wegen ihrer Unterschrift unter einen Behandlungsvertrag schon am 27.4.2016 auf die von ihr dann auch in Anspruch genommene Behandlung bei der C-GmbH vorfestgelegt. Ein Versicherter, der schon vor Ablauf der Entscheidungsfrist auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung vorfestgelegt ist, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Krankenkasse aufgrund einer Genehmigungsfiktion. Der Senat hat Entsprechendes schon zum Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 2. Fall SGB V entschieden, wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Fälle des Systemversagens liegen danach nicht vor, wenn sie für die Selbstbeschaffung des Versicherten gar nicht ursächlich werden. Der Gesetzgeber baut mit der Genehmigungsfiktion auf diesem System auf. Hat ein Versicherter schon vor Fristablauf eigenmächtig das Sachleistungssystem infolge Vorfestlegung "verlassen", ist diese Vorfestlegung, nicht dagegen die verstrichene Frist ursächlich für die dem Versicherten entstandenen Kosten.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 40/20.

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