Bundessozialgericht

Verhandlung B 14 AS 35/19 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Bedarfe für Unterkunft und Heizung - Kopfteilprinzip

Verhandlungstermin 27.01.2021 10:00 Uhr

Terminvorschau

R. ./.  Jobcenter Vorderpfalz-Ludwigshafen
Umstritten ist die anzuerkennende Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung von Januar 2014 bis Januar 2015.

Die Klägerin erhielt Alg II vom beklagten Jobcenter. Ihre über 25 Jahre alte Tochter absolvierte ab Mitte 2013 bis Januar 2015 eine Ausbildung in einem Reha-Zentrum, in dem sie auch eine Unterkunft hatte, und bezog ua Ausbildungsgeld. An den Wochenenden und in den Ferien kam sie nach Angaben der Klägerin "nach Hause". Vor und nach der Ausbildung wohnte die Tochter in der Wohnung der Klägerin.

Der Beklagte berücksichtigte beim Alg II der Klägerin für die strittige Zeit nur die Hälfte der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, weil die Tochter auch in dieser Zeit bei ihr lebe und eine Abweichung vom Kopfteilprinzip nicht veranlasst sei.

Das SG hat der auf die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gerichteten Klage stattgegeben. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Tochter nach den Angaben der Klägerin ihren Lebensmittelpunkt weiter in deren Wohnung gehabt habe und kein Grund für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip gegeben sei.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, weil zumindest eine Ausnahme vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen zu machen sei.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Speyer - S 16 AS 1848/15, 27.04.2017
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 6 AS 361/17, 15.08.2018

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 4/21.

Terminbericht

Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen worden. Ob die Klägerin Anspruch auf Anerkennung der vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ihrer Wohnung hat oder nur eines Kopfteils, kann vom Senat aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden.

Das Kopfteilprinzip dient neben der Verwaltungsvereinfachung insbesondere der Zuweisung von Bedarfen an Personen, die mietvertraglich keinen Verpflichtungen unterliegen, wie zB oftmals den Kindern einer Familie (vgl BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - BSGE 125, 146 = SozR 4-4200 § 22 Nr 94, RdNr 15 mwN). Es dient aber auch der Abgrenzung der Bedarfe von in einer Wohnung lebenden Leistungsberechtigten nach dem SGB II von den Bedarfen möglicher anderer Personen, die dieselbe Wohnung nutzen. Denn es ist nicht Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 SGB II, wirtschaftlich ggf leistungsfähigen Angehörigen einer Leistungen nach dem SGB II beziehenden Person ein kostenfreies Mitwohnen in deren Wohnung zu ermöglichen (vgl BSG aaO RdNr 18 mwN). Ob die Tochter der Klägerin in diesem Sinne die Wohnung nutzte und für die Klägerin nur ein Kopfteil zu berücksichtigen ist, kann den Feststellungen des LSG nicht entnommen werden.

Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip zugunsten der Klägerin setzt bedarfsbezogene Gründe voraus (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 18 ff mwN). Diesen könnte insbesondere ein Anspruch der Tochter nach § 27 SGB II entgegenstehen, hinsichtlich dessen ebenfalls Feststellungen des LSG fehlen.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 4/21.

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