Bundessozialgericht

Verhandlung B 12 R 21/18 R

Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt - Nettolohnoptimierung - Tankgutscheine - Entgelte für die Bereitstellung von Werbeflächen

Verhandlungstermin 23.02.2021 13:15 Uhr

Terminvorschau

M. GmbH & Co KG ./. Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, 20 Beigeladene
Die Klägerin ist ein nicht tarifgebundenes Unternehmen und vereinbarte mit den beigeladenen Arbeitnehmern im Rahmen einer sog Nettolohnoptimierung individuelle Bruttoentgeltverzichte bei gleichbleibender Arbeitszeit. Die bisherige Bruttovergütung wurde parallel zum neuen Bruttobarlohn weitergeführt, um auf ihrer Basis künftige Gehaltsansprüche wie zB Lohnerhöhungen, Urlaubsgeld oder Abfindungsansprüche zu berechnen. Zugleich wurden "neue Gehaltsanteile" vereinbart, von denen im Revisionsverfahren nur noch die Gewährung von Tankgutscheinen und die Zahlung von Entgelten für die Bereitstellung von Werbeflächen streitig ist.

Die darauf erhobenen Beitragsnachforderungen der Beklagten haben die Vorinstanzen aufgehoben. Die Tankgutscheine seien zwar grundsätzlich beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, würden aber als Sachbezüge nach § 3 Abs 1 Satz 4 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) iVm § 8 Abs 2 Satz 9 Einkommensteuergesetz außer Ansatz bleiben, weil sie bei keinem der Arbeitnehmer mehr als 40 Euro betragen hätten. Bei den Zahlungen für die Werbeflächen in Höhe von 21 Euro monatlich handele es nicht um Arbeitsentgelt, sondern um Mietzins. Dieser beruhe auf Mietverträgen über die Bereitstellung von Außenflächen auf den Autos der Arbeitnehmer zu Werbezwecken im betrieblichen Interesse der Klägerin.

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV sowie § 17 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SvEV. Die Tankgutscheine seien auch bei Unterschreitung der steuerrechtlichen Bagatellgrenze nicht von einer Zurechnung zum Arbeitsentgelt ausgenommen, weil sie nicht zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gezahlt worden seien. Die Zahlungsvereinbarungen hinsichtlich der Werbeflächen seien als Nebenabreden zum Arbeitsvertrag getroffen worden. Sie seien aus den Arbeitsverhältnissen heraus entstanden und durch diese veranlasst.

Vorinstanzen:
Sozialgericht München - S 56 R 1478/12, 03.06.2014
Bayerisches Landessozialgericht - L 14 R 586/14, 14.09.2017

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 6/21.

Terminbericht

Die Revision der Beklagten war nach einer vergleichsweisen Beschränkung des Streitgegenstands auf den Monat Dezember 2010 erfolgreich. Sowohl die Tankgutscheine als auch die Werbeflächenentgelte sind beitragspflichtiges Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Hierunter fallen alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Einnahmen sind alle geldwerten Vorteile, der einem versicherten Beschäftigten in ursächlichem Zusammenhang mit seiner Beschäftigung zufließen.

Im Zuge der Vereinbarung eines Lohnverzichts traten die vertraglich als "neue Gehaltsanteile" bezeichneten Tankgutscheine und die Werbeeinnahmen teilweise an die Stelle des ursprünglichen Bruttolohns und glichen den Verzicht teilweise aus. Sie sind damit als teilweises Surrogat für den Entgeltverzicht geleistet worden. Aus diesem Grund sind die Tankgutscheine auch nicht über § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SvEV von der Zurechnung zum Arbeitsentgelt ausgenommen. Denn sie wurden nicht "zusätzlich" zum Lohn oder Gehalt gewährt, sondern als integraler Bestandteil der vereinbarten neuen Vergütung. Als Geldsurrogat waren die auf einen bestimmten Betrag begrenzten Tankgutscheine keine Sachbezüge, die bei Unterschreitung der steuerlichen Bagatellgrenze beitragsfrei wären.

Die Werbeflächenentgelte wurden ungeachtet der Rechtsnatur ihrer vertraglichen Grundlage "im Zusammenhang" mit der Beschäftigung erzielt. Auch sie wurden als "neue Gehaltsanteile" im Gegenzug zum Lohnverzicht vereinbart und damit als Surrogat für den Lohnverzicht nicht "zusätzlich" gewährt.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 6/21.

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