Bundessozialgericht

Verhandlung B 4 AS 83/20 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommen - Einnahmen in Geldeswert - arbeitstägliche Verpflegung

Verhandlungstermin 05.08.2021 13:00 Uhr

Terminvorschau

1. K.K., 2. R.M., 3. Y.K., 4. A.K., 5. Ya.K. ./. Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Der Kläger zu 1, der mit seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern, den Klägern zu 2 - 5, zusammenlebt, war 2017 als Kellner in Vollzeit beschäftigt. Er erhielt als Arbeitsentgelt neben dem monatlichen Gehalt von seinem Arbeitgeber arbeitstäglich Verpflegung (eine Mahlzeit) zur Verfügung gestellt. Diese rechnete der Arbeitgeber entsprechend der Sozialversicherungsentgelt-VO als Sachbezug in Höhe von 3,17 Euro pro Arbeitstag ab. Ergänzend bezog die Familie Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte berücksichtigte im streitbefangenen Zeitraum von Juni bis November 2017 die Bezüge des Klägers zu 1 als Geldeinkommen und darüber hinaus die abgerechnete Verpflegung als Einkommen in Geldeswert in Höhe eines nach § 2 Abs 5 Alg II-V errechneten Betrages von durchschnittlich 30,18 Euro im Monat (etwa 1,47 Euro pro Arbeitstag).

Während das SG den Beklagten verurteilt hatte, den Klägern Leistungen ohne Berücksichtigung von Sachbezügen als Einkommen zu gewähren, hat das LSG die Klagen abgewiesen. Die von dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Verpflegung sei als Einkommen in Geldeswert zu berücksichtigen. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger zu 1 diese tatsächlich in Anspruch genommen habe oder nicht.

Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II. Zudem verstoße § 2 Abs 5 Alg II-V ua gegen das Verbot, Grundbestandteile der Regelleistung individuell bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin - S 37 AS 10338/17, 29.03.2019
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 34 AS 801/19, 21.11.2019

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 30/21.

Terminbericht

Die Revisionen der Kläger hatten keinen Erfolg. Es besteht kein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen, denn zutreffend hat der Beklagte neben dem unbar ausgezahlten Arbeitsentgelt auch die dem Kläger zu 1 von seinem Arbeitgeber als Sachbezug abgerechnete Verpflegung als Einkommen berücksichtigt.

Dieser Sachbezug stellt eine als Einkommen zu berücksichtigende Einnahme in Geldeswert nach § 11 Abs 1 Satz 2 SGB II dar, weil sie im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erbracht wird. Eine Bewertung in Geld ist in Bezug auf das Arbeitsverhältnis vorzunehmen. Aus § 107 Abs 1 und 2 GewO folgt, dass nur unter besonderen Voraussetzungen aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf die Zahlung von Arbeitsentgelt in Euro zugunsten von Sachbezügen abgesehen werden darf. Verwendungsentscheidungen stehen nach der Rechtsprechung des BSG einer Berücksichtigung von Einnahmen als Einkommen indessen nicht entgegen. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung von Sachbezügen stellt eine solche Verwendungsentscheidung dar. Deswegen liegt ein Zufluss bereits vor, wenn der Arbeitgeber den Sachbezug - wie hier - vereinbarungsgemäß bereit stellt, und hängt nicht davon ab, ob die Möglichkeit einer Inanspruchnahme auch tatsächlich realisiert wird.

Der Höhe nach hat der Beklagte den Sachbezug in Form von Verpflegung auch zutreffend nach Maßgabe von § 2 Abs 5 Alg II-V berücksichtigt. Von der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs 1 Nr 1 SGB II gedeckt wird durch diese Vorschrift die Berücksichtigung bereitgestellter Verpflegung als Einkommen abweichend von den höheren Beträgen der Sozialversicherungsentgelt-VO realitätsgerecht pauschalisierend konkretisiert.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 30/21.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK