Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 8/21 R

Krankenversicherung - zahnärztliche Behandlung - implantologische Leistung - medizinische Gesamtbehandlung

Verhandlungstermin 16.08.2021 13:30 Uhr

Terminvorschau

C. R. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin begehrt noch die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Behandlung mit Zahnimplantaten im Oberkiefer (6 544,45 Euro nebst Zinsen) und eine hierauf bezogene Versorgung mit zahnprothetischen Leistungen.

Die Klägerin litt unter einem prothetisch unzulänglich versorgten Restgebiss. Nach vorausgegangener Ablehnung (Bescheid vom 23.7.2015) beantragte sie erneut die Versorgung mit Zahnimplantaten und legte hierzu einen Befundbericht des Universitätsklinikums Münster vor, wonach eine Schleimhautveränderung im Oberkiefer schwer von einem hoch differenzierten Plattenepithelkarzinom abzugrenzen sei. Eine Exzision werde dringlich empfohlen, eine lokale Befundkontrolle solle erfolgen. Jedenfalls sei eine prothetische Versorgung mit Implantaten indiziert, um eine entzündliche Irritation der Mundschleimhaut zu verhindern. Die Beklagte lehnte, gestützt auf ein Gutachten den Antrag zunächst ab (Bescheid vom 8.2.2016), veranlasste jedoch umgehend eine weitere, eine Ausnahmeindikation verneinende Begutachtung. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte die Versorgung mit Zahnimplantaten wiederum ab (Bescheid vom 29.3.2016, Widerspruchsbescheid vom 16.6.2016). Das SG hat nach Einholung eines weiteren Gutachtens die Klage abgewiesen. Die Klägerin verschaffte sich im Berufungsverfahren eine implantatgestützte Zahnprothese im Oberkiefer (6544,45 Euro implantologische Leistungen). Das LSG hat - zT unter Bezugnahme auf die Gründe des SG-Urteils - die nunmehr auf Erstattung der Kosten für die implantologischen Leistungen und die wegen behaupteter Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes auf erneute Versorgung mit Zahnersatz gerichtete Berufung zurückgewiesen: Der Klägerin stehe kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V zu. Implantologische Leistungen seien grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Hiervon ausgenommen seien nur Leistungen im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung bei besonders schweren Fällen, soweit seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss festzulegende Ausnahmeindikationen vorlägen. Die sei hier nicht der Fall. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 13 Abs 3a SGB V.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von Art 3 Abs 1 GG.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Münster - S 16 KR 548/16, 11.06.2018
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 544/18, 30.01.2020

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 33/21.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende SG-Urteil zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Zahnimplantate.

§ 28 Abs 2 Satz 9 SGB V verlangt für die Versorgung mit Zahnimplantaten eine medizinische Gesamtbehandlung im Sinne eines über die bloße Wiederherstellung der Kaufunktion hinausgehenden Behandlungszieles. Die implantologischen Leistungen erfolgten hier dagegen ausschließlich zur Sanierung des Restgebisses im Oberkiefer. Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass Versicherte nur bei einer aus human- und zahnmedizinischen Bestandteilen bestehenden Gesamtbehandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf implantologische Leistungen haben. Der Gesetzgeber kann aufgrund seiner im Krankenversicherungsrecht bestehenden Einschätzungsprärogative willkürfrei implantologische Leistungen auf Versicherte beschränken, die im Gesichtsbereich in besonders schweren Fällen humanmedizinischen (vornehmlich rekonstruktiven) Behandlungsbedarf haben.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 33/21.

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