Bundessozialgericht

Verhandlung B 2 U 12/20 R

Unfallversicherung - Profifußballverein - Gemeinnützigkeit - Lastenausgleich - Lastenverteilung - Befreiung

Verhandlungstermin 08.12.2021 10:45 Uhr

Terminvorschau

FC V. ./. Hauptverwaltung VBG
Der klagende Profifußballverein hatte nach seiner Neugründung im Jahr 2010 eine Erste Herrenmannschaft sowie eine Kinder- und Jugendabteilung. Das Finanzamt bescheinigte ihm im Juli 2010 zunächst insgesamt - aber nur vorläufig - die Gemeinnützigkeit, längstens 18 Monate ab Ausstellungsdatum. Aufgrund dessen befreite die beklagte BG den Kläger durch Bescheid vom 9.8.2011 von der Zahlung seines Anteils zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung (Überaltrentenlasten für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten). Auf der Grundlage entsprechender Veranlagungsbescheide setzte die Beklagte anschließend Beiträge für die Jahre 2011 bis 2013 ohne die genannten Anteile an den Rentenlasten fest. Nachdem das Finanzamt nachträglich die Körperschaftssteuerpflicht der Ersten Herrenmannschaft des Vereins festgestellt hatte, hob die Beklagte die genannte Befreiung ab 2014 auf und lehnte eine erneute Befreiung ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die Freistellung sei nach Erlass des Körperschaftssteuerbescheids für 2011 im Jahr 2013 sowie nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der vorläufigen Bescheinigung des Finanzamts wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Die Befreiung gemeinnütziger Einrichtungen hänge von deren steuerrechtlichen Einordnung ab. Einen eigenständigen Begriff der Gemeinnützigkeit gebe es im Unfallversicherungsrecht nicht.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des materiellen Rechts (§ 180 Abs 2 SGB VII). Das SGB VII regele im Unterschied zum Steuerrecht die Gemeinnützigkeit einer Einrichtung nur einheitlich und enthalte an keiner Stelle eine Rückausnahme für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Profifußball". Es sei deshalb nicht möglich, einen grundsätzlich gemeinnützigen Verein für abgrenzbare Abteilungen, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führten, zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung heranzuziehen.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Köln - S 16 U 31/16, 12.04.2018
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 4 U 619/18, 31.07.2020

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 43/21.

Terminbericht

Die Revision des Klägers war ohne Erfolg. Der ursprüngliche Freistellungsbescheid hat sich mit dem Ende der Gültigkeit der vorläufigen Gemeinnützigkeitsbescheinigung des Finanzamtes durch Zeitablauf bzw als vorläufige Regelung spätestens durch die endgültige Ablehnung der Freistellung erledigt.

Deren Aufhebung kann der Kläger nicht verlangen, weil dadurch die vorläufige Regelung nicht zu seinen Gunsten wiederauflebt und im Übrigen die Nichterhebung von Anteilen zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung in den zugrundeliegenden Beitragsbescheiden bestandskräftig ist. Ein Anspruch auf gesonderte Befreiung von den Anteilen zum Lastenausgleich und zur Lastenverteilung (Überaltrentenlasten für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) besteht ebenfalls nicht. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Über die Gemeinnützigkeit ist vielmehr im Rahmen der Beitragsfestsetzung mitzuentscheiden. Dessen unbeschadet ist die Erste Herrenmannschaft des Klägers nicht gemeinnützig, sondern körperschaftssteuerpflichtig und deshalb auch unfallversicherungsrechtlich keine gemeinnützige Einrichtung. Es gibt keinen eigenständigen Begriff der Gemeinnützigkeit im Unfallversicherungsrecht; die unfallversicherungsrechtliche Regelung ist steuerakzessorisch ausgestaltet.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 43/21.

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