Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 15/21 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Strahlentherapie - vertragsärztlich zugelassene Gemeinschaftspraxis - Kooperationsvertrag - allgemeine Krankenhausleistung

Verhandlungstermin 26.04.2022 10:00 Uhr

Terminvorschau

K.B. gGmbH ./. Daimler Betriebskrankenkasse
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Das Krankenhaus der Klägerin (im Folgenden: das Krankenhaus) war und ist im Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg ua mit einer Abteilung für Strahlentherapie aufgenommen. Es verfügt seit 2005 über keine eigene Strahlentherapieabteilung. Die Mehrheitsgesellschafterin des Krankenhauses schloss 2008 mit einer in der Nähe des Krankenhauses vertragsärztlich zugelassenen Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie (im Folgenden Strahlentherapiepraxis) einen Kooperationsvertrag über die Erbringung von Strahlentherapieleistungen für stationär behandelte Patienten.

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) Versicherte war an Brustkrebs erkrankt. Die Behandlung erfolgte ua seit Oktober 2010 mittels ambulant durchgeführter Bestrahlungen in der Strahlentherapiepraxis. Vom 25.10. bis 30.10.2010 wurde die Versicherte im Krankenhaus vollstationär behandelt. Anlass waren ambulant nicht beherrschbare Schmerzen. Vom 26. bis 29.10.2010 wurde die Bestrahlung in der Strahlentherapiepraxis fortgesetzt. Hierfür stellte die Strahlentherapiepraxis dem Krankenhaus insgesamt 1608,72 Euro in Rechnung. Die KK beglich die zunächst vom Krankenhaus gestellte Rechnung über 3486,29 Euro für die DRG I65B. Mit korrigierter Rechnung vom 7.2.2011 machte das Krankenhaus unter Ansatz auch der strahlentherapeutischen Leistungen eine Vergütung iHv insgesamt 7413,80 Euro für die DRG I39Z (Strahlentherapie bei Krankheiten und Störungen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe, mehr als 8 Bestrahlungen) geltend. Die KK zahlte den Unterschiedsbetrag zur ursprünglichen Rechnung iHv 3927,51 Euro nicht. Der von ihr beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung war der Auffassung, die während einer stationären Krankenhausbehandlung erbrachten ambulanten Leistungen könnten nicht abgerechnet werden. Auf die Klage des Krankenhauses hat das SG die KK zur Zahlung des Unterschiedsbetrages verurteilt. Das LSG hat die Berufung der KK zurückgewiesen. Strahlentherapeutische Leistungen gehörten zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Ihrer Vergütung stehe nicht entgegen, dass das Krankenhaus diese nicht durch eigenes Personal erbracht habe. Es handele sich um “vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter“ im Sinne von § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG.

Die KK rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 2 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG sowie § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Stuttgart - S 4 KR 170/15, 31.03.2017
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KR 1936/17, 11.12.2019

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 16/22.

Terminbericht

Die Revision der beklagten Krankenkasse (KK) hatte Erfolg. Die Vorinstanzen haben die KK zu Unrecht zur Zahlung von 3927,51 Euro verurteilt. Dem Krankenhaus steht ein weiterer Vergütungsanspruch in dieser Höhe für die stationäre Behandlung der Versicherten nicht zu.

Die zur Ansteuerung der DRG I39Z erforderlichen strahlentherapeutischen Leistungen durften vom Krankenhaus nicht kodiert werden. Denn diese Leistungen waren keine allgemeinen Krankenhausleistungen des Krankenhauses. Sie wurden nicht vom Krankenhaus vorgenommen und sind auch keine veranlassten Leistungen Dritter im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG. Diese Regelung erlaubt es nicht, dass das Krankenhaus wesentliche der vom Versorgungsauftrag umfassten Leistungen regelmäßig und planvoll auf Dritte auslagert, die nicht in seine Organisation eingegliedert sind. Das Krankenhaus hat für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche (Fachabteilungen, Zentren, Fachprogramme etc) die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der wesentlichen Leistungen selbst vorzuhalten. Wesentlich sind dabei alle die Leistungen, die in der ausgewiesenen Fachabteilung regelmäßig notwendig sind - mit Ausnahme unterstützender und ergänzender Leistungen, wie etwa Laboruntersuchungen oder radiologischer Untersuchungen.

Das Krankenhaus der Klägerin war mit einer Fachabteilung für Strahlentherapie im Krankenhausplan ausgewiesen, konnte aber nach der Schließung der Abteilung für Strahlentherapie keine strahlentherapeutischen Leistungen mehr selbst erbringen. Bestrahlungen sind für ein Krankenhaus mit einem Versorgungsauftrag für Strahlentherapie wesentliche Leistungen.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 16/22.

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