Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 1/21 R

Sozialhilfe - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - einmaliger Bedarf - „weiße Ware“ - Waschmaschine

Verhandlungstermin 19.05.2022 13:30 Uhr

Terminvorschau

G.Y. ./. Land Berlin
Die Klägerin, die neben einer Rente Grundsicherungsleistungen vom Beklagten bezieht, war über mehrere Jahre nicht im Besitz einer eigenen Waschmaschine. Sie beantragte im Herbst 2015 erfolglos die Gewährung eines Zuschusses für ein Neugerät. Während des Berufungsverfahrens hat sie ein Gerät zum Preis von 299 Euro erworben und dafür teilweise vom Warenhaus ausgestellte Gutscheine eingelöst und macht noch einen Restbetrag von 99,90 Euro als Zuschuss geltend. Sozialgericht und Landessozialgericht haben die Klage abgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, es handele sich um eine Ersatzbeschaffung im Anschluss an den verschleißbedingten Verlust eines Haushaltsgeräts; für solche Anschaffungen sehe das Gesetz einen einmaligen Zuschuss nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie macht gegen das Ergebnis der Vorinstanzen vorrangig verfassungsrechtliche Einwände geltend, weil selbst der Bundesrat in dem Gesetzgebungsverfahren zu dem ab 1. Januar 2021 geltenden Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bedenken gegen die methodisch richtige Berücksichtigung von Verbrauchsausgaben für sogenannte "weiße Ware" im Rahmen der Regelbedarfe geäußert und einen Zuschuss für Anschaffungen als Einmalleistungen gefordert habe.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin S 212 SO 231/16 - 21.07.2017
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 15 SO 236/17 - 23.03.2021

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Terminbericht

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Sie hat keinen Anspruch auf die Zahlung von 99,90 Euro, die sie für die Anschaffung einer Waschmaschine im Februar 2018 noch geltend macht. Die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung von Haushaltsgeräten kommt nur in Betracht, wenn es sich um einen Fall der Erstausstattung, nicht aber - wie hier - um einen Fall der Ersatzbeschaffung handelt. Zu einer erweiternden Auslegung des § 31 Abs 1 Nr 1 SGB XII, wonach die Kosten für die Anschaffung von langlebigen und deshalb besonders teuren Geräten - sogenannte "weiße Ware" - auch dann zu zahlen wären, wenn die Neuanschaffung verschleißbedingt notwendig wird, sieht sich der Senat nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gedrängt. Weder an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelsatzes für sich genommen noch an der Verfassungsmäßigkeit des Konzepts, wonach Leistungsberechtigte Mittel zur Bedarfsdeckung eigenverantwortlich ausgleichen und ansparen müssen, hat der Senat für den Anwendungsbereich des SGB XII Zweifel. Eine ggf auftretende Unterdeckung wegen der Ersatzbeschaffung auch von größeren Haushaltsgeräten ist (nur) durch die Gewährung eines Darlehens zu kompensieren. Die Regelungen im SGB XII insbesondere über die Rückzahlung von Darlehen sind so ausgestaltet, dass alle individuellen Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. Damit bestehen im SGB XII die vom BVerfG geforderten Auslegungsspielräume für Härtefälle und es wird eine am individuellen Existenzsicherungsbedarf ausgerichtete und grundrechtliche Belange des Leistungsberechtigten berücksichtigende Darlehensgewährung sichergestellt.

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