Bundessozialgericht

Verhandlung B 11 AL 40/21 R

Arbeitslosenversicherung - Arbeitslosengeld - Arbeitslosmeldung - Dienstbereitschaft - Agentur für Arbeit

Verhandlungstermin 15.02.2023 14:00 Uhr

Terminvorschau

A.S. ./. Bundesagentur für Arbeit
Die Klägerin war bis zum 31. Juli 2018 abhängig beschäftigt. Vom 25. Juli bis zum 28. Dezember 2018 bezog sie Krankengeld. Sie meldete sich, da die zuständige Dienststelle der Beklagten bereits geschlossen hatte, am 28. Dezember 2018 (Freitag) nach 14.00 Uhr telefonisch beim Servicecenter der Beklagten ab dem 29. Dezember 2018 arbeitsfähig und arbeitsuchend und am 3. Januar 2019 (Donnerstag) persönlich arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. In der Zwischenzeit waren die zuständigen Geschäftsstellen der Beklagten nicht dienstbereit. Den Widerspruch, mit dem die Klägerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 29. Dezember 2018 bis 2. Januar 2019 begehrte, wies die Beklagte zurück.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 29. Dezember 2018 bis zum 2. Januar 2019 verurteilt. Das Landessozialgericht hat auf die vom Sozialgericht zugelassene Berufung der Beklagten den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Wortlaut des § 141 Absatz 3 SGB III stelle für die Rückwirkung einer Arbeitslosmeldung auf den ersten Tag "der Beschäftigungslosigkeit" ab. Die beiden gesetzlich definierten Begriffe "Beschäftigungslosigkeit" und "Arbeitslosigkeit" könnten vom reinen Wortlaut und von der Gesetzessystematik her nicht gleichgesetzt werden. Weder eine andere Auslegung noch - mangels planwidriger Regelungslücke - eine analoge Anwendung seien möglich.

Mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 141 Absatz 3 SGB III. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung dieser Norm lägen vor. Verfassungsrechtliche Grundsätze geböten eine Gleichbehandlung gleich gelagerter Sachverhalte.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Dresden, S 9 AL 145/19, 08.04.2020
Sächsisches Landessozialgericht, L 3 AL 57/20, 08.07.2021

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 3/23.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landessozialgericht hat den der Klage stattgebenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zu Unrecht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat auch für die Zeit vom 29. Dezember 2018 bis zum 2. Januar 2019 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ihre persönliche Arbeitslosmeldung vom 3. Januar 2019 wirkt nach § 141 Absatz 3 SGB III analog auf den 29. Dezember 2018 zurück. Zwar ist das Landessozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Wortlaut dieser Norm auf die fehlende Dienstbereitschaft am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit und nicht am ersten Tag der Arbeitslosigkeit abstellt. Im Wege der analogen Anwendung von § 141 Absatz 3 SGB III wirkt eine Arbeitslosmeldung aber auch dann zurück, wenn - wie hier - die Arbeitslosmeldung im Anschluss an eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Der Gesetzgeber wollte bei der Neuregelung die Rückwirkung der Arbeitslosmeldung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nicht mehr allein vom Willen des Arbeitslosen abhängig machen, sich an einem Tag arbeitslos zu melden, an dem die Bundesagentur für Arbeit nicht dienstbereit ist. Dieser Gesichtspunkt ist aber nicht erheblich und die Fallgruppe planwidrig in den Anwendungsbereich des § 141 Absatz 3 SGB III nicht einbezogen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Auseinanderfallen des ersten Tags der Arbeitslosigkeit und des ersten Tags der Beschäftigungslosigkeit nicht auf dem freien Entschluss der Klägerin beruht, sondern auf ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 17. März 2015 (B 11 AL 12/14 R) die gegenteilige Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 3/23.

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