Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 11/22 R

Krankenversicherung - Vergütungsanspruch stationärer Krankenhausbehandlung - Aufwandspauschale - Prüfungsverfahren - Verweildauer

Verhandlungstermin 07.03.2023 11:00 Uhr

Terminvorschau

St. E. Krankenhaus GmbH ./. AOK Rheinland-Pfalz/Saarland - Die Gesundheitskasse
Die Beteiligten streiten über eine Aufwandspauschale nebst Zinsen.

Das klagende Krankenhaus behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse ab 2. Dezember 2019 stationär. Das Krankenhaus teilte der Krankenkasse zunächst mit, die Entlassung sei für den 8. Dezember 2019 geplant, die Entlassung erfolgte jedoch erst am 20. Dezember 2019. Im Januar 2020 rechnete das Krankenhaus die Behandlung ab. Im Februar 2020 bat die Krankenkasse um eine medizinische Begründung für die Verweildauer. Das Krankenhaus gab an, der Zustand der Versicherten sei aus medizinischer Sicht noch nicht gut genug gewesen, um eine Entlassung vornehmen zu können. Weitere Details dürften aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in dieser Form erörtert werden. Hierzu stehe der Krankenkasse das Prüfungsverfahren (§§ 275 ff SGB V) zur Verfügung. Sollte sie ihre Zahlungsverweigerung ohne ein solches Verfahren aufrechterhalten, werde ohne weiteren Schriftverkehr Klage eingereicht. Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung beglich die Krankenkasse die Rechnung des Krankenhauses in voller Höhe. Die Forderung des Krankenhauses auf Zahlung einer Aufwandspauschale wies die Krankenkasse mit der Begründung zurück, sie habe auf ihre Anfrage keine medizinischen Informationen erhalten. Die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sei daher durch das Krankenhaus veranlasst worden.

Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben und die Krankenkasse zu Zahlung von 300 Euro nebst Verzugszinsen verurteilt. Auf die Berufung der Krankenkasse hat das Landessozialgericht die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale scheide aus. Die Klägerin habe durch ihre Weigerung, auf Anfrage eine medizinische Begründung abzugeben, Anlass für die Beauftragung gegeben. Die Krankenkasse habe ihrerseits nicht treuwidrig gehandelt. Die landesvertraglich geregelte Möglichkeit, einen Kurzbericht anzufordern, sei nicht verpflichtend. Die Krankenkasse sei auch nicht gehalten gewesen, eine Klage des Krankenhauses abzuwarten, um die Frage nach der Fälligkeit der Vergütungsforderung zu klären.

Mit seiner Revision rügt das Krankenhaus die Verletzung der Normen zur Aufwandspauschale.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Koblenz, S 16 KR 710/20, 10.03.2021
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, L 5 KR 177/21, 24.05.2022

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 7/23.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision des Krankenhauses zurückgewiesen. Die im Wortlaut des § 275c Absatz 1 Satz 2 SGB V formulierten Voraussetzungen sind zwar erfüllt. Die Prüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung führte nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht jedoch kein Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale, wenn das Prüfverfahren durch ein Fehlverhalten des Krankenhauses veranlasst worden ist. Daran hält der Senat weiter fest.

Der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale scheidet aus, wenn das Krankenhaus seine Pflicht verletzt, auf Verlangen der Krankenkasse eine medizinische Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung zu geben, und es dadurch das Prüfverfahren veranlasst hat. Die Krankenkasse war nach § 301 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB V berechtigt, bei Überschreiten der gemeldeten, voraussichtlichen Verweildauer vom Krankenhaus eine medizinische Begründung zu verlangen. Hieraus ergab sich die entsprechende Pflicht des Krankenhauses. Weder die Kürze der Frage, noch Beschränkungen der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit noch Gründe des Datenschutzes rechtfertigten die Nichtangabe der medizinischen Gründe.

Der Krankenkasse ist es nicht wegen eines eigenen Fehlverhaltens verwehrt, sich auf die Pflichtverletzung des Krankenhauses zu berufen. Die Krankenkasse war nicht verpflichtet, vor Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einen Kurzbericht vom Krankenhaus einzuholen. Sie musste auch nicht wegen fehlender Fälligkeit der Vergütungsforderung von der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung absehen und das Risiko eines gerichtlichen Verfahrens eingehen.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 7/23.

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