Bundessozialgericht

Verhandlung B 8 SO 20/22 R

Sozialhilfe - Bestattungskosten - Anspruchsberechtigung - landesrechtliche Bestattungspflicht - Erbausschlagung

Verhandlungstermin 12.12.2023 14:00 Uhr

Terminvorschau

L. K. ./. Landrat des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte
Der getrennt lebende Ehemann der Klägerin verstarb am 30. Januar 2015. Zu diesem Zeitpunkt bezogen die Klägerin und der Ehemann Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Die Klägerin und die gemeinsame Tochter schlugen das Erbe aus. Der gemeinsame Sohn wurde alleiniger Erbe. Die Klägerin, die nach den landesrechtlichen Bestattungsvorschriften als Ehefrau unabhängig von einer Erbenstellung vorrangig bestattungspflichtig war, veranlasste die Bestattung und machte beim beklagten Sozialhilfeträger am 3. Februar 2015 erfolglos die Übernahme von Bestattungskosten geltend. Während die Klage beim Sozialgericht keinen Erfolg gehabt hat, hat das Landessozialgericht den Beklagten zur Übernahme eines Großteils der Kosten des Bestattungsunternehmens nebst Mahn- und Verzugskosten, der Kosten einer Trauerrede und der Kosten der Einäscherung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei Verpflichtete im Sinne des § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch unabhängig davon, dass der Sohn Erbe geworden sei. Es sei der Klägerin auch nicht zumutbar, mögliche Ausgleichsansprüche gegen den Erben zu realisieren, der ebenfalls Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende bezogen habe.

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Da der Erbe vorrangig zur Kostentragung verpflichtet sei, könne die Klägerin nicht Anspruchsberechtigte sein.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Neubrandenburg, S 6 SO 49/15, 29.03.2019
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, L 9 SO 12/19, 10.03.2022

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Terminbericht

Der Senat hat die Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Zutreffend hat das Landessozialgericht entschieden, dass die Klägerin als Verpflichtete anspruchsberechtigt ist. Der Ehegatte hat nach dem bindend festgestellten Landesrecht in jedem Fall für die Bestattung zu sorgen und kann sich also der Kostenlast zumindest vorerst nicht unter Hinweis auf einen Erben entziehen. Ob im Nachgang zur Bestattung ein Verweis auf den Erstattungsanspruch gegen den Erben erfolgen kann, bedarf einer Prüfung im Einzelfall, wie sie das Landessozialgericht auch durchgeführt hat. Insoweit ist es eine Frage der Zumutbarkeit der Kostentragung, ob die angefallenen Kosten gegenüber dem vorrangig verpflichteten Erben ohne Weiteres durchgesetzt werden können. Zu den erforderlichen Kosten der Bestattung gehören hier die Kosten der Trauerrede und der Einäscherung. Wegen der Rechnung des Bestattungsunternehmens kann der Senat aber nicht abschließend beurteilen, inwieweit es sich um erforderliche Bestattungskosten handelt, weil es an ausreichenden Feststellungen zu den einzelnen Positionen der Rechnung fehlt. Auch die Mahn- und Verzugskosten aus dieser Rechnung gehören nur dann zu den erforderlichen Bestattungskosten, wenn sie für die Klägerin gerade wegen ihrer Mittellosigkeit unabwendbar waren und keine anderen Möglichkeiten (etwa Ratenzahlung oder Stundungsabrede) bestanden, um solche Kosten zu vermeiden.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 48/23.

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