Verhandlung B 8 SO 9/23 R
Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Mittagessen - tagesstrukturierendes Angebot - Menschen mit Behinderung
Verhandlungstermin
27.02.2025 11:30 Uhr
Terminvorschau
unbekannte Rechtsnachfolger des R.W. ./. Landkreis Heilbronn
beigeladen: Evangelische Stiftung Lichtenstern
Der schwerbehinderte W lebte seit 2001 in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe der Beigeladenen. Sein Betreuer hat nach Inkrafttreten der Reformstufe 3 des Bundesteilhabegesetzes “unter Vorbehalt“ mit dem Beigeladenen neben einem Vertrag über Leistungen in einer besonderen Wohnform einen Vertrag über tagesstrukturierende Angebote für Menschen mit Behinderung geschlossen, wonach eine monatliche Pauschale in Höhe von 64,40 Euro für die Mittagsverpflegung zu zahlen war. Grundsicherungsleistungen erhielt W nicht, weil er nicht bedürftig war. Sein Antrag, zusätzlich zu den vom Beklagten bewilligten Kosten für die Fachleistungen die Kosten des Mittagessens als Leistung der Eingliederungshilfe zu übernehmen, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung hat das Landessozialgericht ausgeführt, dahinstehen könne, ob bereits kein wirksamer Zahlungsanspruch des Beigeladenen entstanden sei. Das Mittagessen sei nach der Trennung der Fachleistungen und der existenzsichernden Leistungen zum 1. Januar 2020 nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls kein Bestandteil der Eingliederungshilfeleistungen.
Hiergegen richtet sich die Revision. W ist im Laufe des Revisionsverfahren verstorben. Die Prozessbevollmächtigte führt das Verfahren für unbekannten Rechtsnachfolger fort und rügt eine Verletzung von § 113 Absatz 4 SGB IX.
Verfahrensgang:
Sozialgericht Heilbronn, S 2 SO 1228/20, 14.12.2021
Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 2 SO 3980/21, 15.8.2023
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Terminbericht
Die Revision hat keinen Erfolg gehabt. Die Klage ist durch den Tod des W unzulässig geworden. Da Ansprüche auf Eingliederungshilfe nur unter bestimmten Voraussetzungen vererblich sind, die hier nicht vorliegen, fehlt einem Rechtsnachfolger die erforderliche Klagebefugnis. Nach ständiger Rechtsprechung des Senates sind Sozialhilfeansprüche nach Maßgabe der §§ 58, 59 SGB I nur vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. Gleiches gilt, wenn im Zeitpunkt des Todes wegen einer bereits vor dem Tod gedeckten Bedarfslage noch Schulden gegenüber dem Erbringer der Leistung bestehen, die aus dem Nachlass zu begleichen sind. Diese Grundsätze gelten für die Eingliederungshilfe auch seit der Herauslösung aus dem SGB XII und Neuregelung in Teil 2 des SGB IX zum 1. Januar 2020. Die steuerfinanzierte Eingliederungshilfe dient alleine dazu, aktuelle Teilhabebedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu decken; mit dem Tod können diese Ziele nicht mehr erreicht werden. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten, weil die Klage auch in der Sache zu keinem Zeitpunkt Erfolgsaussichten hatte.
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