Bundessozialgericht

Verhandlung B 5 R 2/24 R

Rentenversicherung - Rentennachzahlung - Nachlassinsolvenzverwalter

Verhandlungstermin 27.03.2025 10:30 Uhr

Terminvorschau

Prof. Dr. J. R. als Insolvenzverwalter über den Nachlass des S. P. ./. DRV Hessen
Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Nachlassinsolvenzverwalter die Auskehrung einer Rentennachzahlung.

Der verstorbene Versicherte hatte zum Zeitpunkt seines Todes einen noch nicht erfüllten Rentenanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 857,93 Euro. Die Beklagte behielt diesen Nachzahlungsbetrag vorläufig ein. Sonderrechtsnachfolger waren nicht vorhanden. Seine Kinder und Enkel schlugen das Erbe aus. Sonstige Erben ließen sich nicht ermitteln. Eine Feststellung zum Fiskalerbrecht traf das Nachlassgericht nicht. Der Kläger, der zum Insolvenzverwalter über den überschuldeten Nachlass des verstorbenen Versicherten bestellt wurde, forderte von der Beklagten vergeblich die Zahlung des einbehaltenen Rentenbetrags. Seine Klage ist auch vor dem Landessozialgericht erfolglos geblieben. Ansprüche auf rückständige Rentenzahlungen seien bereits dann nicht durchsetzbar, wenn, wie hier, die Möglichkeit eines Fiskalerbrechts bestehe. Dies sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für das Zahlungsverlangen eines Nachlasspflegers geklärt. Nichts anderes gelte für einen Nachlassinsolvenzverwalter.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 58 Satz 2 SGB I und § 80 Absatz 1 Insolvenzordnung. Fälle, in denen kein Fiskalerbrecht festgestellt sei, würden schon nicht vom Wortlaut des § 58 Satz 2 SGB I erfasst. Es sei zudem auszuschließen, dass eine nachzuzahlende Rente dem Fiskus zugutekomme, wenn die Insolvenzmasse, wie hier, voraussichtlich nur zur Deckung der Verfahrenskosten ausreiche. Zudem habe das Landessozialgericht verfahrensfehlerhaft seine Klage ohne die Einschränkung “derzeit unbegründet“ abgewiesen.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Frankfurt am Main, S 31 R 224/17, 24.03.2020
Hessisches Landessozialgericht, L 2 R 111/20, 24.01.2023

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 9/25.

Terminbericht

Die Revision des Klägers ist erfolglos geblieben. Die Beklagte ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Auskehrung des Nachzahlungsbetrags an ihn verpflichtet. Eine solche Verpflichtung bestünde ohnehin erst aufgrund einer Abrechnungsmitteilung zum Rentenbescheid. Selbst wenn eine solche Abrechnungsmitteilung bereits erlassen worden sein sollte, dürfte die Beklagte die Zahlung derzeit verweigern. Sie kann sich auch im Nachlassinsolvenzverfahren auf § 58 Satz 2 SGB I stützen. Nach dieser Vorschrift kann der Fiskus als gesetzlicher Erbe fällige Ansprüche auf Geldleistungen nicht geltend machen. Zwar hat das Nachlassgericht bislang keine Feststellung zum Fiskalerbrecht getroffen. Ansprüche auf rückständige Ansprüche auf Rentenzahlungen eines verstorbenen Versicherten sind jedoch bereits dann nicht durchsetzbar, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe ernsthaft in Betracht kommt.

Der Senat hat dies bereits für die Nachlasspflegschaft und die Nachlassverwaltung entschieden. Er überträgt diese Rechtsprechung auf die Nachlassinsolvenz. Obgleich die Verfahren unterschiedliche Zwecke verfolgen und der Nachlassinsolvenzverwalter sich auch in seiner Rechtsstellung vom Nachlasspfleger unterscheidet, bestehen keine solchen Unterschiede, die einer Rechtsprechungsübertragung entgegenstehen könnten. Die bisherige Rechtsprechung knüpft nicht an Besonderheiten der Nachlasspflegschaft an. Vielmehr dient sie der Verwirklichung von Sinn und Zweck des § 58 Satz 2 SGB I, der darin liegt, Zahlungen zwischen verschiedenen öffentlichen Haushalten zu vermeiden. Wird der Fiskus gesetzlicher Erbe, ist der Betrag einer noch nicht ausgezahlten Rente dem Rentenversicherungsträger zu belassen. Wäre dieser zur Zahlung an den Nachlassinsolvenzverwalter verpflichtet, wenn mangels erfolgreicher Erbenermittlung ein Fiskalerbrecht ernsthaft in Betracht kommt, dessen Feststellung aber noch aussteht, könnte er bei späterer Feststellung des Fiskalerbrechts die Zahlung nicht zurückfordern. Es bliebe bei einem Mittelabfluss aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der gerade vermieden werden soll.

Auch hat der Senat schon befunden, dass der Fiskus generell von der Geltendmachung rückständiger ererbter Rentenansprüche ausgeschlossen ist und nicht nur für den Fall, dass der Nachlass ohne die Rente zur Befriedigung der Nachlassgläubiger ausreicht. Damit sind vom Fiskus ererbte Rentenansprüche für den Nachlass ohne Wert und stehen insbesondere nicht für die Befriedigung der Nachlassgläubiger zur Verfügung.

Das Landessozialgericht hat schließlich nicht verfahrensfehlerhaft gehandelt, indem es die Berufung des Klägers ohne Korrektur des erstinstanzlichen Tenors zurückgewiesen hat. Eine Auslegung der Entscheidungsgründe des angefochten Urteils ergibt noch hinreichend, dass es die Klage als lediglich "derzeit unbegründet“ erachtet hat.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 9/25.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK